Das Nonnenkloster im Piepenbachtal - neue Forschungen am Kloster Dalheim

09.08.2024 Sandra Michalski

Abb. 1: Start der Ausgrabungen im Tal des Piepenbachs unterhalb des Augustinerchorherrenklosters aus der Mitte des 15. Jahrhunderts. Hinter dem Baum in der Bildmitte verbirgt sich die Ruine der Kirche des Nonnenklosters. Foto: LWL-Archäologie/Peter Hessel

Lichtenau-Dalheim, Kr. Paderborn

Aufsehenerregende Nachweise von Lapislazuli-Pigmenten, die jüngst Wissenschaftlern der Universität Zürich und des Max-Planck-Instituts gelangen, veranlassten das Fachreferat Mittelalter- und Neuzeitarchäologie dazu, sich einer Aufarbeitung der Altgrabungen und der weiteren Erforschung des hochmittelalterlichen Nonnenklosters Dalheim zu widmen. Die seltenen Farbpigmente wurden nämlich im Zahnschmelz eines weiblichen Skeletts entdeckt, das 1989 bei Ausgrabungen im Umfeld der Pfarr- und späteren Klosterkirche geborgen worden war. Seinerzeit hatte man neben Teilen des Friedhofs auch die Überreste der Kirche untersucht, nicht aber die südlich anschließenden Bauten der Klausur des Nonnenklosters.

Kloster Dalheim liegt gut zwanzig Kilometer südlich von Paderborn am Westhang des Piepenbaches in landschaftlich reizvoller Umgebung (Abb. 1). Namengebend ist der kleine Ort Dalheim, an dessen Pfarrkirche schon im 12. Jahrhundert ein erstes Nonnenkloster gegründet wurde, welches aber schon um 1380, zusammen mit zahlreichen Siedlungen der als Sintfeld bezeichneten Hochfläche, dem allgemeinen Wüstungsprozess infolge von Missernten, Epidemien und Fehden zum Opfer fiel.   

1429 „erbten“ die der Windesheimer Kongregation angehörigen Augustinerchorherren aus dem benachbarten Böddeken durch Schenkungen die Besitzungen des alten Nonnenklosters. Anfangs bezogen sie ihr Quartier in dem unten im Tal liegenden, provisorisch wieder hergerichteten Nonnenkloster. Unmittelbar nach der 1452 erfolgten Aufnahme als selbständiger, d. h. von Böddeken unabhängiger Konvent in die Windesheimer Kongregation begann man aber mit dem Neubau einer großzügigen Klosteranlage am Westhang des Piepenbaches.

Um 1690 begann man mit der Modernisierung der spätmittelalterlichen Kernanlage und fügte ihr in den Jahren 1711 bis 1730 zwei Wohnflügel an, die im Westen der Klausur als repräsentative Dreiflügelanlage mit cour d´honneur dem Kloster ein schlossartiges Gepräge gaben.

Abb. 2: Georadarmessungen im Bereich des ehemaligen Nonnenklosters Dalheim im Juni 2023. Foto: LWL-Archäologie für Westfalen/Joris Coolen.

Die Nutzung als landwirtschaftliche Domäne seit der Säkularisation 1803 und ein Brand im Jahre 1838 haben den Gebäudebestand arg in Mitleidenschaft gezogen. Um dem steten Verfall entgegenzuwirken, erwarb der Landschaftsverband Westfalen-Lippe 1979 die Anlage und richtete in ihr das LWL-Landesmuseum für Klosterkultur ein.

Im Juni 2023 führte die Stabsstelle Prospektion eine erste Georadar-Messung im Bereich des alten Nonnenklosters im Tal durch und erzielte sehr gute Ergebnisse (Abb. 2). In den Messbildern zeichnen sich mehrere im rechten Winkel zueinander verlaufende Mauerfluchten ab, die sich eindeutig der Klausur zuordnen lassen (Abb. 3). Die Radarmessungen zeigen außerdem, dass der südwestliche Teil der Klausur bei der Anlage eines Fischteichs im 18. Jahrhundert zerstört wurde.

Abb. 3: Im Messbild des Bodenradars zeichnen sich Mauern und Schutt der Klausurgebäude als dunkle Bereiche ab. Oben im (Luft-)Bild ist die Ruine der hochmittelalterlichen Pfarr- und Klosterkirche, die bereits in den 1980er Jahren ausgegraben wurde, zu sehen. Grafik: LWL-Archäologie für Westfalen/Joris Coolen.

Dank Fördermitteln des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bauen und Digitalisierung des Landes NRW konnte sodann eine Forschungsgrabung geplant werden, die im Juli 2024 mit Absteckung zweier Sondageschnitte startete. Zwei Tage später war nach Entfernung des humosen Oberbodens und darunterliegender Schuttschichten per Minibagger klar, dass die im Georadar sichtbar gewordenen Strukturen tatsächlich knapp einen Meter unter der Geländeoberkante gut erhalten vorliegen (Abb. 4). Nach Abschluss der Feinpräparierung des ersten Planums in den beiden Sondageschnitten und anschließender Dokumentation per SFM-Verfahren, kann bereits folgendes gesagt werden: parallel und rechtwinklig zueinander verlaufende Fundamente und Ausbruchgruben lassen sich mindestens zwei verschiedenen Bauphasen eines Quadrums zuweisen. Die Bauten der jüngeren Klausur sind zumindest im Westen einem Feuer zum Opfer gefallen, wie verziegelte Lehmestriche und geglühte Mauerteile zeigen (Abb. 5). Das Fundmaterial des Abbruchhorizonts deutet an, dass Teile der Gebäude bis ins fortgeschrittene 15., vielleicht sogar frühe 16. Jahrhundert hinein genutzt worden sind. Insofern scheint sich die bislang auf Basis der archivalischen Überlieferung und archäologischer Quellen aufgestellte Theorie zu bewahrheiten, nach der das Nonnenkloster im 14. Jahrhundert aufgegeben wurde und Teile davon bei Neubesiedelung durch die Augustinerchorherren ab 1429 zunächst von diesen genutzt wurden, bis deren neue Klosteranlage soweit fertiggestellt war, dass ein Umzug möglich wurde.

Abb. 4: Feinputz des ersten Planums. Foto: LWL-Archäologie/Peter Hessel

Im weiteren Verlauf der Ausgrabung erhofft man sich, den vollständigen Grundriss der Klausur erarbeiten zu können und festzustellen, ob die Konventsangehörigen einen ihnen vorbehaltenen, eigenen Bestattungsplatz nutzten. Möglicherweise lassen sich auch Siedlungsspuren und Baureste aus der Zeit vor Gründung des Nonnenklosters finden, die Licht in das Dunkel der weiter zurückreichenden Geschichte des Dorfes Dalheim bringen könnten.

Abb. 5: Aufnahmen einer Bilderserie zur Erstellung einer verzerrungsfreien Orthoansicht. Im Vordergrund zeigt sich ein durch Brand stark verziegelter Lehmestrich. Foto: LWL-Archäologie/Wolfram Essling-Wintzer

Interessierte sind herzlich eingeladen, am 24./25.08.2024 den Dalheimer Klostermarkt zu besuchen und sich zwischen 10:00 und 18:00 Uhr persönlich ein Bild von den Ausgrabungen zu machen. Öffentliche Führungen finden an beiden Tagen jeweils um 13:00 und 15:00 Uhr statt.

Hier gibt es weitere Infos zum Klostermarkt: https://www.dalheimer-klostermarkt.lwl.org/de/

 

Text: Wolfram Essling-Wintzer, Peter Hessel, Joris Coolen