Arbeit die niemand sieht...

19.04.2024 Sandra Michalski

Endlich: nach jahrelanger Vorarbeit wurde die Ausgrabungsfläche 2019 wieder freigelegt. Vertreter des Trägervereins ‚Ein Siegerländer Tal e.V.‘ zusammen mit Landrat Andreas Müller (Kreis Siegen-Wittgenstein) sowie Stefan Mues (Bürgermeister der Stadt Siegen) besichtigen das Ausgrabungsareal zusammen mit Dr. Jennifer Garner (Deutsches Bergbau-Museum Bochum) und Dr. Manuel Zeiler (LWL-Archäologie für Westfalen). Foto: Stadt Siegen/Herbert Bäumer.

Gerhardsseifen-Serie 4/7

Am Wochenende vom 03. bis 05. Mai 2024 wird in Siegen-Niederschelden, Kr. Siegen-Wittgenstein, ein NRW-weit einmaliges denkmalpädagogisches Projekt eingeweiht. Es handelt sich um die konservierte Ausgrabung überregional einzigartiger Verhüttungsbefunde der Eisenzeit sowie des Hochmittelalters in einem Schutzbau. Dieser ist in einem Themenpfad eingebettet – der EisenZeitReiseWeg – der die Besuchenden per Zeitreise von der Gegenwart bis in die Keltenzeit führt.

Die LWL-Archäologie für Westfalen hat erheblichen Anteil an der erfolgreichen Umsetzung dieses Projektes. Mit einer Miniserie auf dem Blog der LWL-Archäologie für Westfalen möchten wir daher die Entwicklung des Projektes beschreiben. Wir laden herzlich zur Eröffnung ein!

Was bisher geschah

Nachdem die archäologische Ausgrabung eines mehrphasigen Verhüttungsplatzes (Eisenzeit und Mittelalter) überregional gut erhaltene Ofenbefunde erbrachte, führte das rege öffentliche Interesse zum Stopp der Arbeiten 2012: Die Befunde wurden eingemottet, und über Jahre Konzepte zur Konservierung und Präsentation entwickelt. Mit der Gründung des Trägervereins ‚Ein Siegerländer Tal e.V.‘ 2016 kam dann Bewegung in das Projekt. Endlich begann die Realisierungsphase.

Die NRW-Stiftung fördert das Gerhardsseifen-Projekt seit 2018

Viel Arbeit

Die Ehrenamtlichen des Trägervereins sowie Mitarbeitende der Stadt Siegen schulterten ab 2016 im Wesentlichen die nächste aufwändige Projektphase bis 2019: Nun galt es Finanzfördermittel zu beschaffen, hierzu zuvor die Projektausgaben zu kalkulieren und auch rechtlich und infrastrukturell das Projekt zu ermöglichen. Die LWL-Archäologie wirkte beratend mit und die Waldgenossenschaft Siegen-Niederschelden unterstützte diesen Prozess engagiert.

Diese Zusammenfassung der Projektphase klingt nicht sexy, aber in diesen drei Jahren wurden die grundsätzlichen Weichen gestellt, die die Realisierung des Projektes erst ermöglichen sollten. Dies bedeutete eine unfassbare Menge an Arbeit, nämlich Abstimmungsgespräche, Kalkulationen, Detailkonzepte und ständige Umplanungen, um das komplexe Projekt den immer feineren Abstimmungen anzupassen. Zwei Beispiele sollen dies veranschaulichen: Erstes Beispiel ist der Förderantrag bei der Nordrhein-Westfalen-Stiftung (NRW-Stiftung) und das zweite Beispiel ist die Verortung derjenigen Fläche, die in dem geplanten Schutzbau ausgestellt werden sollte.

Die archäologische Kartierung der Ausgrabungsbefunde wie hier reichte nicht aus, um qualifizierte Baupläne des Schutzbaus zu erstellen (Grafik: LWL-Archäologie für Westfalen/Manuel Zeiler).

Beispiel 1 - Ohne Moos nix loss

Seit 2012 war natürlich klar, dass die Projektpartner – trotz erheblicher, eingeplanter Eigenmittel – niemals zusammen in der Lage sein werden würden, finanziell das Gesamtprojekt eigenständig zu stemmen. Die Gesamtkosten wurden auf 450.000 € berechnet. Erfreulicherweise existieren aber für derartige Fälle Fördermöglichkeiten, die unter Auflagen finanzielle Unterstützung bieten können.

Die NRW-Stiftung ist ein bedeutender Förderer von Kulturprojekten und folglich sollte dort ein Förderantrag für das Gerhardsseifen gestellt werden. Derartige Förderanträge sind aber sehr aufwändig. Sie umfassen eine möglichst genaue Kalkulation aller Maßnahmen sowie Kosten und müssen die Förderrichtlinien des Fördergebers erfüllen. Folglich ist nachvollziehbar, warum die Antragsstellung über ein Jahr dauerte. Besonders problematisch war dabei, dass viele Kosten nur grob beziffert werden konnten, weil insbesondere die Konservierung und Präsentation der archäologischen Befunde beispielslos waren und somit auf keine Erfahrungen zurückgegriffen werden konnte. Ganz bewusst war folglich im Förderantrag darzustellen, dass das Projekt ein Pilot-Projekt sein würde.

Nötig war, die archäologischen Befunde in dasselbe Koordinatensystem zu bringen, was auch die Stadt benutzt (Grafik: Deutsches Bergbau-Museum Bochum/Jennifer Garner).

Beispiel 2 - Der Teufel steckt im Detail

Manchmal stellen scheinbar simple Sachverhalte die schiere Hölle dar: Damit dem Förderantrag überhaupt eine rechtskräftige Maßnahmenkarte beigefügt werden konnte, mussten die archäologischen Befunde genau verortet werden.

Wo lag das Problem? Natürlich musste zum Zeitpunkt der Antragsstellung geklärt sein, wo die zu schützenden archäologischen Befunde überhaupt liegen, wie groß die Fläche ist und wem diese gehört. Desweiteren musste eruiert werden, wie tief im Boden denn die archäologischen Strukturen liegen.

Dies bedeutete sehr viel Arbeit: Die archäologische Ausgrabung wurde nämlich innerhalb eines lokalen Messnetzes gegraben. Es war dabei nicht nötig, die Ausgrabung exakt in die kommunalen Katasterpläne einzuhängen, da deren Grenzen für archäologische Fragestellungen irrelevant waren. Anhand von eingemessenen Fixpunkten, die sowohl im archäologischen Plan als auch im Katasterplan liegen, realisierte dann die LWL-Archäologie für Westfalen zusammen mit dem Amt für Vermessung der Stadt Siegen die Umrechnung der Koordinaten und die Aufstellung eines detaillierten Plans. Da in dieser Zeit in NRW das Standard-Referenzierungssystem (von Gauß-Krüger auf UTM) umgestellt wurde, erleichterte dies die Arbeit nicht …

Schließlich war es in der steilen Hanglage von enormer Wichtigkeit die Oberflächenhöhen der Befunde zu bestimmen, denn nur so konnten die Fundamente des geplanten Schutzbaus in Hanglage berechnet werden (Grafik: LWL-Archäologie für Westfalen/Manuel Zeiler).

Förderung und Startschuss

Die Antragsstellung wurde vom Erfolg gekrönt. 2018 lag die Zusage der NRW-Stiftung für 150.000 € vor. Die weiteren Mittel stemmten die Projektpartner und dem Trägerverein gelang darüber hinaus erhebliche Fördermittel als Sponsoring durch die regionale Privatwirtschaft zu akquirieren. Nun konnte endlich, nach über sechs Jahren nach Ende der Ausgrabungen, das kulturtouristische Projekt umgesetzt werden.

Eine archäologische Ausgrabung 2019 legte die Befunde unter winterlichen Bedingungen frei. Trotz widrigen Wetterumständen war die Ausgrabung erfolgreich (siehe hierzu Blog-Beitrag: https://www.lwl-archaeologie.de/de/blog/veranstaltungstipp-besichtigung-der-ausgrabung-gerhardsseifen/) Niemand ahnte, wie schwierig die weitere Projektumsetzung sein würde …

 

Manuel Zeiler

Kategorie: Außenstelle Olpe