Der Letzte seiner Art …

09.04.2025 Michael Baales

"Der Letzte seiner Art“: Der Verhütungsofen der archäologischen Experimentreihe 2017-2018 zum Zeitpunkt der ersten Experimente 2017. Er ist im Hang eingebaut und wirkt auf diesem Foto klein und unscheinbar. - Foto: Altertumskommission für Westfalen/Leo Klinke.

Der Letzte seiner Art …

Abschluss eines archäologischen Experiments im LWL-Freilichtmuseum Hagen

Nur selten mutet archäologische Forschung wie eine Zeitreise an. Denn zu lange sind die untersuchten Ereignisse schon her oder zu wenig sind die wissenschaftlichen Fakten hierzu konkret. Folglich erlaubt gut begründete wissenschaftliche Skepsis keine unzweifelhafte Rekonstruktion der Vergangenheit. Das Leben, Wirken und Sterben der Menschen der Ur- und Frühgeschichte bleibt damit überwiegend im Dunkeln. Die Experimentelle Archäologie vermag allerdings in seltenen Fällen kleine konkrete Fenster in die Alltagskultur ferner Zeiten zu öffnen und kann sogar Facetten der prähistorischen Vergangenheit erlebbar machen.

Ein solches Fenster öffnete sich 2017. Mit einem international beachteten archäologischen Experiment rekonstruierten in diesem Jahr die Außenstelle Olpe der LWL-Archäologie für Westfalen, das Deutsche Bergbau-Museum Bochum (Leibniz-Forschungsmuseum für Georessourcen), die Ruhr-Universität Bochum (Institut für Archäologische Wissenschaften) und das Leibniz-Zentrum für Archäologie Mainz (LEIZA) – unterstützt durch das LWL-Freilichtmuseum Hagen sowie das Institut für Ziegelforschung Essen e.V. – einen Verhüttungsofen der Siegerländer Eisenzeit. Dieser konnte noch im gleichen Jahr und auch 2018 erfolgreich betrieben werden.

Im Zeitraum zwischen 300 v. Chr. und der Zeitenwende waren derartige Verhüttungsöfen im Siegerland die größten ihrer Art in Europa. Archäologische Ausgrabungen ergaben, dass sie auf umfangreiche Produktion hin gebaut waren und in der gesamten Region einheitliche Konstruktionsstandards galten – das Siegerland war eine einzigartige eisenzeitliche Eisenproduktionslandschaft. Doch wie umfangreich war die Verhüttung letztlich? Wie konnten die Öfen effektiv betrieben werden und wie groß waren die produzierten Eisenmengen? Wie groß war der Brennstoffverbrauch und wie wurden diese großen Öfen überhaupt betrieben?

Der Experimentofen ist tatsächlich übermannshoch. Derartige Öfen waren typisch im eisenzeitlichen Siegerland und waren die größten Verhüttungsanlagen Europas. - Foto: LWL-Archäologie für Westfalen/Manuel Zeiler.

Die umfangreichen archäologischen Experimente im LWL-Freilichtmuseum Hagen 2017/18 konnten dass über 2000 Jahre alte Verhüttungsverfahren rekonstruieren. Sie zeigten, dass die eisenzeitlichen Hüttenleute tatsächlich massenhaft Eisen erzeugten und wie diese Arbeiten konkret abliefen. Auf dem Blog der LWL-Archäologie für Westfalen wurde hierzu mit 15 Beiträgen umfangreich berichtet (am Textende dieses Beitrags sind alle Blog-Beiträge angegeben – bitte nutzen!)

Nun steht der Ofen seit 2018 da und verfiel ganz bewusst: Der Verhüttungsofen wurde nach Abschluss der zweiten Experimentreihe sich selbst überlassen, um die Verfallsprozesse zu studieren. Erstaunlich ist seine relativ gute Erhaltung noch im Frühjahr 2025 nach fast acht Jahren – ohne einen Wetterschutz. Er ist der einzige gut erhaltene Verhüttungsofen eisenzeitlicher Siegerländer Bauweise, somit „der Letzte seiner Art“.

Der „Letzte seiner Art“ hat noch eine wichtige finale Aufgabe: Am Samstag, den 12. April, werden Archäologinnen und Archäologen der Forschungskooperation den Ofen und sein Umfeld systematisch ausgraben und dokumentieren. Ziel der Maßnahme ist es, Plana und Profile zu erstellen, die mit den entsprechenden Dokumentationen archäologischer Ausgrabungen an eisenzeitlichen Verhüttungsöfen des Siegerlandes verglichen werden können. Damit werden wichtige Daten gewonnen, die es uns erlauben werden, Deutungsmodelle zu überprüfen.

Viele Interessierte haben uns in den letzten Jahren intensiv begleitet und das Projekt wahrgenommen. Wir laden an dieser Stelle sie zum letzten Mal ein, unsere Arbeiten zu besichtigen und vom „Letzten seiner Art“ Abschied zu nehmen! Denn die archäologischen Maßnahmen werden den Experimentofen zerstören müssen, damit eine geeignete Dokumentation gelingt.

Wir freuen uns auf Besuch und geben drei Führungen: Eine um 11 h, die nächste um 13 h und die letzte um 15 h. Anmeldungen sind nicht erforderlich.

Glückauf!

Manuel Zeiler

Linkliste - bitte den link jeweils in den Browser kopieren (beginnt mit dem jüngsten Blog-Beitrag und endet mit dem ersten zum Thema):

 

https://www.lwl-archaeologie.de/de/blog/eisenland-siegerland-film-ab/

https://www.lwl-archaeologie.de/de/blog/das-verschollene-rezept/

https://www.lwl-archaeologie.de/de/blog/die-kelten-kommen/

https://www.lwl-archaeologie.de/de/blog/achtung-experiment-teil-12/

https://www.lwl-archaeologie.de/de/blog/achtung-experiment-teil-11/

https://www.lwl-archaeologie.de/de/blog/ofenexperiment-10/

https://www.lwl-archaeologie.de/de/blog/ofenexperiment9/

https://www.lwl-archaeologie.de/de/blog/experiment-8/

https://www.lwl-archaeologie.de/de/blog/experiment-7/

https://www.lwl-archaeologie.de/de/blog/experiment-teil-6/

https://www.lwl-archaeologie.de/de/blog/experiment-teil-5/

https://www.lwl-archaeologie.de/de/blog/experiment-4/

https://www.lwl-archaeologie.de/de/blog/achtung-experiment-3/

https://www.lwl-archaeologie.de/de/blog/achtung-experiment-teil-2/

https://www.lwl-archaeologie.de/de/blog/experiment-eisenzeit/