Ein Kinderschuh wird lebendig - Teil 2

20.10.2022 Sandra Goertz

Der 2. Schritt nun war die zeichnerische Rekonstruktion und Veranschaulichung des Schuhes.

Die zeichnerische Rekonstruktion und Darstellung des Kinderschuhs.

In der Restaurierungswerkstatt zeichnete und rekonstruierte ich den Kinderschuh. Durch das Betrachten und das anschließende Zeichnen entsteht bei mir häufig eine Verbindung und Nähe zum Objekt. Es ist, als würde man sich langsam an das Objekt herantasten, es vor dem inneren Auge lebendig werden sehen. Fragen kommen auf. In diesem Fall: Wem gehörte der Schuh? Wie alt war wohl das Kind? Wo hat es gelebt? War es glücklich?

  • Nachgebauter Schuh von Martin Moser, Res Rarae – historische Rekonstruktionen

  • Nachgebauter Schuh von Martin Moser, Res Rarae – historische Rekonstruktionen

  • Nachgebauter Schuh von Martin Moser, Res Rarae – historische Rekonstruktionen

  • Nachgebauter Schuh von Martin Moser, Res Rarae – historische Rekonstruktionen

Auf einmal wurden Bilder eines Kindes vor meinem inneren Auge lebendig und ich stellte mir vor, wie es den Schuh anzog, oder auszog, vielleicht um zu spielen oder um die Füße ins Wasser zu tauchen? Dem Grabungsbericht zufolge und wie mir der Archäologe Jürgen Gaffrey erzählte, wurde das Lederobjekt im Sohlbereich eines mit Grundwasser gesättigten Grabens gefunden. Der Graben befand sich auf einem Gehöft in der Nähe eines Wohnhauses (aus dem Zeitraum 1200 bis 1400 n. Chr.).

Auf gewisse Weise fühlte ich mich diesem Kind auf einmal ganz nah und eine bunte, lebendige Szenerie nahm Gestalt an. So entstand eine besondere Mal- und Zeichengeschichte, ein Lebensbild rund um den Schuh. Vom Schnittmuster über den Schuh zum Kind und anschließend zum Lebensort des Kindes. Der Kinderschuh wurde lebendig.

Maike Kloss

(Archäologische Zeichnerin der LWL-Archäologie, Aussenstelle Münster)