In den letzten Jahren konnte ich mich schon mehrmals über besondere Steinartefakte freuen, die Marcel Stipp aus Attendorn entdeckte. Dass diesmal ein solcher Fund an meinem letztjährigen Geburtstag (3. November) ans Tageslicht kam, werte ich daher als ein besonderes Geschenk.
Denn Geräte aus der Zeit des Neandertalers kommen bei uns nicht alle Tag auf Ackerflächen zum Vorschein, auch wenn in den letzten Jahren das ein oder andere Stück aus dem Sauerland und der nördlich liegenden Hellwegzone „ans Licht der Öffentlichkeit“ gelangte. Diese Stücke dienen aber nicht nur meiner Freude, sondern sie zeigen, dass auch heute noch diskrete Spuren aus der Zeit der Neandertaler zu finden sind, die belegen, dass dieser frühe Mensch in allen Landschaftsteilen Südwestfalens präsent war. Soweit die entsprechenden Stücke denn als mittelpaläolithische Artefakte erkannt werden. In diesem Fall hat auch M. Stipp gleich geahnt, dass es sich um ein älteres Stück handeln muss.
Das Keilmesser ist leider terminal (d.h. also am oberen Funktionsende) durch den Pflug stark beschädigt und ebenso teils an den Kanten, die insgesamt recht verstumpft wirken. Hergestellt ist es aus einem flach-rechteckigen Stück Kieselschiefer mit erhaltenen Rindenresten und Kluftflächen. Die breite Basis ist dabei weitgehend natürlich belassen (eine Kluftfläche) und der sog. Rücken (also die Griffpartie) durch eine beidflächige Bearbeitung gestumpft, so dass das Messer gut in der Hand geführt werden konnte. Die gegenüberliegende (leicht sinusförmig verlaufende), sorgfältiger bearbeitete Schneidekante weist etwa mittig einen Wechsel in der bearbeiteten Fläche auf. Insgesamt macht das Stück den Eindruck, als ob es relativ zügig, vielleicht am Ort, hergestellt wurde; manche Keilmesser sind deutlich zeitaufwändiger bearbeitet worden.
Apropos Keilmesser: Der Begriff leitet sich vom Querschnitt dieser Geräte her: stumpfer Rücken und gegenüber eine scharfe Schneide = langrechteckiger Querschnitt, also eine Keilform.
Neben diesem typischen mittelpaläolithischen Steingerät fand M. Stipp auch noch einen 6,3 cm großen Kern aus Kieselschiefer, also ein Rohstück, das der Gewinnung von flachen Abschlägen diente, die dann weitergenutzt wurden. Das Stück scheint in einer diskoiden Abbaumethodik abgebaut oder noch in Präparation befindlich verworfen worden zu sein, da die Zuformung nicht vollständig gelang. Insgesamt macht dieses Stück einen „seifigen“ Eindruck und dürfte zuvor ebenfalls durch die Hände eines Neandertalers gegangen sein.