Gebrannter Kalk ist einer der ältesten künstlichen Baustoffe und spätestens seit dem Altertum bei den ersten Hochkulturen bekannt. Bis heute wird er größtenteils für die Herstellung von Mörtel und als Dünger benötigt. Die Geschichte kennt zahlreiche weitere Anwendungen, sei es für die Herstellung von Putzen und Farben, als Mittel der Schädlingsbekämpfung (Erdflöhe, Schnecken), als Zuschlagsstoff in Glashütten (um die weiße Farbe des Glases zu erhöhen) oder als Zuschlagsstoff in Gerbereien (um die Faserstruktur von Häuten zu lockern).
Die benötigten Kalksteine wurden entweder an der Oberfläche gesammelt oder in Steinbrüchen und Stollen gewonnen. Es empfahl sich, die Steine mehrere Jahre an der Luft trocknen zu lassen, um ihre Festigkeit zu erhöhen. Werden Kalksteine (Calciumkarbonat) auf Temperaturen von 900-1200 °C erhitzt, wird Kohlenstoffdioxid ausgetrieben. Zurück bleibt der benötigte gebrannte/ungelöschte Kalk bzw. Branntkalk (Calciumoxid). Für küstennahe Städte wie Bremen und Emden ist sogar die Herstellung von gebranntem Kalk aus Muschelschalen belegt.
Der Brand wurde in verschiedenen, sich im Grundprinzip aber ähnelnden Öfen, Gruben und Meilern durchgeführt. Diese hatten einen enormen Energiebedarf und wurden – je nach Region, Zeitraum und Verfahren – mit Holz, Holzkohle, Torf, Braun- oder der erdgeschichtlich älteren und festeren Steinkohle befeuert. Ziel war eine konstant hohe Hitze, die alle Steine erreichte. Nach ein paar Stunden glühten die Steine nicht nur, sondern fingen an zu brennen.
Was zunächst simpel anmutet, bedurfte Geschick und Erfahrung des Kalkbrenners: Die Verwendung möglichst reiner und ähnlich großer Kalksteine war genauso wichtig wie ihre Schichtung sowie auch die richtige Schichtung des Brennmaterials. Zudem war die Dauer des Brandes keineswegs beliebig. Die Steine durften nicht verbrennen, sondern es galt, den richtigen Zeitpunkt abzupassen: Die Steine sollten bis zu 50 % Gewicht verloren haben, eine rein weiße Farbe besitzen und sich beim Einwerfen in Wasser in kleinste Teile auflösen lassen (gelöschter Kalk). Da dies – in der Regel – während des Brennvorganges nicht kontrolliert werden konnte, half nur die Erfahrung und die Wahrnehmung der Flammenfarbe und des Geruchs. Das Kalkbrennen konnte mehrere Tage dauern, sodass, insbesondere während der Frühen Neuzeit, mit unterschiedlichen Öfen, Feuerungen und Belüftungen experimentiert wurde, um Zeit und Energie zu sparen. Manchmal wurden Kalksteine auch zusammen mit Mauer- oder Dachziegeln gebrannt.