Schöner Wohnen in Minden

13.07.2018 Carolin Steimer

Westlich der Mindener Domburgbefestigung untersucht ein kleines Grabungsteam unter der Leitung von Thies Evers ein kleines Areal im Zuge eines Neubaus auf dem Grundstück Scharn 2-4. Zunächst konnten nur spärliche Reste von zwei Gebäuden festgestellt werden, die von einer 40 cm breiten Traufgasse voneinander getrennt waren.

Abb. 1 Eine Traufgasse trennt zwei Grundstücke mit Gebäuden aus Portasandsteinen.

Die sorgfältig behauenen Portasandsteine deuteten bereits auf eine repräsentative Architektur hin. Als im Zuge des Baufortschrittes weitere Untersuchungen nötig wurden, bestätigte sich dann die Vermutung eines besonders aufwendig errichteten Steingebäudes.

Doch das Ausgrabungsteam entdeckte darüber hinaus eine Abfolge älterer Laufhorizonte, die zeigen, dass das Areal westlich der Mindener Domburgbefestigung bereits im 10./11. Jh. von Handwerkern aufgesiedelt wurde. Knochenabfälle mit Sägespuren, Halbfabrikate und Reste von Dreilagenkämmen, belegen hier eine Kammmacherwerkstatt.

Abb. 2 Schichtenabfolge mehrerer Laufhorizonte des 10./11. Jh.

Wann die Besiedlung erfolgte, konnte nicht geklärt werden, da die untersten Schichten bis zum anstehenden natürlichen Boden nicht erfasst wurden.

Eine besondere Überraschung zeigte sich erst bei der genaueren Betrachtung der massiven Sandsteinmauern. Als sich ab der 2. Hälfte des 12. Jh. hier mit Rathaus, Marktplatz und Verkaufsbuden am Scharn ein neues städtisches Zentrum entwickelte, wurden auch die Handwerker von deutlich wohlhabenderen Menschen verdrängt. Im Abstand von 15 m zur Straße zeugen die gut erhaltenen Mauerzüge auf dem Grundstück Scharn 2-4 von einem Gebäude, das durch eine 40 cm schmale Traufgasse von einem benachbarten Steinbau getrennt war. Das mehrfach umgebaute Haus wurde erst im 2. Weltkrieg zerstört. Seine Mauern bestanden aus sorgfältig zugehauenen Quadern aus Portasandstein mit einer Höhe von 30 cm und einer Seitenlänge von bis zu 60 cm. Die gut 80 cm breiten Mauern deuten auf ein repräsentatives mindestens zweigeschossiges giebelständiges Steingebäude hin.

Abb. 3 hintere Wand des straßenseitigen Steingebäudes mit ältestem zugehörigen gepflasterten Fußboden (links).

Ein nachträglich veränderter Kellerhals führte in den Hinterhof. Anders als die frühen Steinwerke mit einem Fachwerkgebäudeteil an der Straße, die sich Kaufleute und Handwerker ab etwa 1180 in Minden errichteten, was in den 70er Jahren in der Bäckerstraße besonders gut nachgewiesen werden konnte, handelt es sich bei diesem Gebäude am Scharn um ein etwa 15 m langes und mindestens 8 m breites straßenseitiges Gebäude, dass komplett aus Sandsteinquadern errichtet wurde.

Abb. 4 Detailansicht vom nachträglich zugesetzten Kellerzugang

Ein Glücksfall war die Bergung von Keramikbruchstücken aus der Fundamentgrubenverfüllung. Diese datieren den Bau des Hauses überraschend früh zwischen 1150 und 1180. Somit handelt es sich um eins der bisher ältesten Steingebäude außerhalb der Domburg.

Auch wenn noch nicht feststeht, wer hier gewohnt hat, so muss es sich doch um Angehörige der örtlichen Oberschicht gehandelt haben, die möglicherweise zum prägenden Personenkreis der sich neu formierenden Bürgerstadt gehörten.

 

Text: Sven Spiong

↑ Zum Seitenanfang