Vom Feld in die Werkstatt: Die Urnengräber von Minden Päpinghausen auf ihrem Weg in die Wissenschaft.

11.09.2023 Corinna Hildebrand

Als Mitarbeiterin der Jugendbauhütte Westfalen hatte ich im Rahmen meines Freiwilligen Sozialen Jahres bei der Außenstelle Bielefeld der LWL-Archäologie für Westfalen das Privileg, an mehreren archäologischen Ausgrabungen teilzunehmen. Dabei wird mir besonders die Ausgrabung in Minden-Päpinghausen im Gedächtnis bleiben, bei der ich das erste Mal mit vorgeschichtlichen Urnenbestattungen in Berührung gekommen bin. In diesem Blogbeitrag möchte ich einen Einblick in die Bergung und Bearbeitung dieser Grablegen geben:

Vorsichtig werden die Urnen für die Blockbergung durch die archäologische Fachfirma denkmal3D in Minden Päpinghausen eingegipst. (Foto: LWL-Archäologie für Westfalen/M. Stratmann)

Bevor die Urnen geborgen werden konnten, war es notwendig, sie sorgfältig vorzubereiten. Dazu wurden sie durch Fachpersonal der Firma denkmal3D zunächst eingepackt und dann eingegipst, um ihre Stabilität während der Bergung und des Transports zu gewährleisten. Dieser Schritt ist von entscheidender Bedeutung, um mögliche Beschädigungen zu vermeiden und so die Grabgefäße und ihrer Inhalte zu schützen.


Nach der Bergung wurden die Urnen zu uns in die Außenstelle Bielefeld der LWL-Archäologie für Westfalen angeliefert. Hier werden Sie nun unter Werkstattbedingungen weiter ausgegraben.

Zu Beginn der weiteren Untersuchung wird ein Foto der Urne mit einer Tafel erstellt, auf dem eine Kennziffer der Grabung sowie eine Nummer des Befundes und des Fundes zu sehen ist. Dies ermöglicht später eine genaue Zuordnung der Urnen innerhalb der Grabungsdokumentation. In einem nächsten Schritt habe ich die Urnen nach und nach behutsam ausgepackt. Dabei bin ich äußerst vorsichtig vorgegangen, um Beschädigungen zu vermeiden und die Integrität der Gefäße sowie deren Inhalt zu garantieren.

Vorsichtig wird der Gipsblock von oben geöffnet. (Foto: LWL-Archäologie für Westfalen/J. Rosbeck)

Es folgt ein schrittweises Freilegen der Urnen und deren Inhalt. Sobald sich Veränderungen innerhalb der Füllung erkennen lassen, wird ein erneutes Dokumentationsfoto angefertigt und im Protokoll schriftlich festgehalten. Der bei diesem Vorgang freigelegte Leichenbrand wurde von mir geborgen und für weitere Untersuchungen vorbereitet.


Die als Urnen verwendeten Gefäße können sehr unterschiedlich sein, wie ich selber feststellen konnte. Es kamen einfache und aufwendig verzierte Gefäße vor, die zum Teil noch mit einem zweiten Gefäß – einer sogenannten Deckschale – versehen waren. Bei der Datierung der Bestattung helfen uns vor allem die Gefäßformen und entsprechende Verzierungen, welche oft typisch für eine bestimmte Epoche waren.

Vorsichtige Freilegung einer Brandbestattung in einer über 2500 Jahre alten „Nienburger Terrine“. (Foto: LWL-Archäologie für Westfalen/J. Rosbeck)

Neben den Keramikgefäßen kann auch der Leichenbrand viele wichtige Informationen enthalten. So lässt sich, je nach Erhaltungszustand, beispielsweise Geschlecht, Alter oder Köpergröße bestimmen. Wenn es gut läuft, können auch die Todesursache, mögliche Verletzungen sowie Krankheiten festgestellt werden. Für diese Untersuchungen wird der Leichenbrand der „Ur-Päpinghäuser“ an ein anthropologisches Labor übergeben.

Selbst aus kleinen Knochenfragmenten lassen sich noch wichtige Informationen über die Verstorbenen gewinne. (Foto: LWL-Archäologie für Westfalen/J. Rosbeck)

Die Teilnahme an diesem Prozesse war für mich als FSJlerin eine unglaublich bereichernde Erfahrung. Ich konnte hautnah miterleben, wie Archäologen und andere Experten die Toten entdeckt, geborgen und untersucht haben. Jeder Schritt wurde mit großer Sorgfalt und Respekt für die Geschichte und die Menschen durchgeführt. Es ist erstaunlich zu sehen, wie viel wir aus diesen scheinbar einfachen und oft unscheinbaren Hinterlassenschaften lernen können und wie sie uns helfen, die Vergangenheit besser zu verstehen. Ich bin dankbar für diese wertvolle Erfahrung und freue mich auf die spannenden Ergebnisse dieser Untersuchung.

 

Text: Marla Stratmann

Jugendliche zwischen 16 und 26 Jahren können sich gerne bei der Jugendbauhütte Westfalen für ein Freiwilliges Soziales Jahr in der Bodendenkmalpflege zum September 2024 bewerben.
Nähere Infos unter:
https://www.denkmalschutz.de/denkmale-erleben/jugendbauhuetten/bewerben.html