Aktiv in der Archäologie – Mein FSJ in der LWL Außenstelle Bielefeld

13.01.2023 Eva Johannhörster

2000 Jahre alte Puzzeln

Am Besten gefällt mir das Puzzeln. Wenn man bei vielen Scherben zwei passende findet, ist das Erfolgserlebnis umso größer. Das Puzzeln von Scherben ist wesentlich schwieriger als mit Puzzeln aus dem Spieleladen. Manchmal passen zwei Stücke zusammen, bei denen man es nicht erwartet hätte oder sie passen nur in einem bestimmten Winkel in einander und es funktioniert erst beim dritten Versuch. Aus den Scherben entstehen dann, wenn man Glück hat, vollständige Gefäße. Außerdem ist die Vorstellung, dass vor über 2000 Jahren Menschen dort Essen reingefüllt haben und man diese jetzt in den Händen hält, faszinierend.

Auf diesem Tisch liegen Scherben aus der ausgehenden jüngeren römischen Eisenzeit. Bei der Grabung wurden sie an verschiedenen Stellen gefunden. Deswegen muss ich aufpassen, dass beim Puzzeln und Kleben die einzelnen Scherben der unterschiedlichen Fundorte nicht durcheinander kommen. Aus diesem Grund habe ich sie auf die unterschiedlichen Holzkästen verteilt. Großartig ist, wenn man nach und nach aus vielen kleineren Scherben ein erkennbares Schalenfragment vor sich hat. Hier konnte ich u.a. eine kleine Schale lückenhaft zusammen setzen. Diese Aufgabe macht Spaß und hat eine meditave Wirkung. Allerdings konnte ich bei diesem Projekt die meisten Scherben nicht zusammen setzen. Obwohl viele rein farblich passten, konnten die Bruchkanten nicht kombiniert werden.

Vor dem Puzzeln kommt das Putzen, Foto: LWL/J. Rosbeck

Passgenau: Vor dem Puzzeln kommt das Reinigen

Die Scherben, die auf den Ausgrabungen gefunden werden, sind mit Erde bedeckt und teilweise für mich als Leihen nur schwer zu erkennen. Außerdem machen die verschmutzten Bruchkanten es schwer, zueinander passende Scherben, wieder zu verkleben. Deswegen putze ich sie mit der Zahnbürste, um den kleinsten Dreck aus jeder Ritze zu entfernen. Dabei muss ich aufpassen, in welchem Zustand sich die Scherbe befindet. Bei der Herstellung der Gefäße wurde früher der Lehm geformt und gebrannt. Teilweise wurden Gefäße auch bei einem Brand in der Siedlung noch einmal erhitzt und haben dadurch einen tuffige Konsistenz bekommen. Bei diesen Scherben passe ich besonders auf, dass ich nicht zu viel Wasser und Druck nutze, um die Kanten der Scherben nicht ab zu raspeln.

Feinarbeit: Picken, Foto: LWL/J. Rosbeck

Feinarbeit: Proben für naturwissenschaftliche Analysen

Auf den Ausgrabungen werden auch Bodenproben genommen. Diese schlemme ich und befreie die kleinen Partikel von Erde. Danach kommt erst die knifflige Arbeit. Die kleinen Partikel müssen sortiert werden, damit die Funde ausgewertet werden können. In einer Bodenprobe können z.B. Holzkohle, Samenkörner und Knochensplitter aus vergangenen Zeiten sein. Mit einer kleinen Pinzette picke ich Holzkohle etc. heraus . Von der Holzkohle müssen so viele Splitter wie möglich gefunden werden, um sie mit der C14-Methode zu datieren. Bodenproben, die aus der Umgebung einer alten Schmiede stammen, können auch Hammerschlag enthalten. Bei dem Schmieden von Werkzeugen splittern kleine Eisensplitter in die Umgebung. Um diese heraus zu sortieren, kann man einen kleinen Trick anwenden. Eisen ist magnetisch, daher reicht ein einfacher Magnet aus, um nur diese Partikel anzuziehen.

Eigene Profilzeichnung, Ausgrabung Minden-Päpinghausen, Foto: Marla Stratmann

Auf Grabung im Einsatz

Zusätzlich zum Innendienst besuche ich Ausgrabungen und kann dort auch richtig mitarbeiten. Bei der letzten Ausgrabung in Minden-Päpinghausen gab es ländliche Siedlungsbefunde aus dem Mittelalter, wahrscheinlich Hochmittelalter. Außerdem wurden eisenzeitliche Gräber aus der Zeit 5. Jh. vor Chr. bis Christigeburt gefunden. Hier konnte ich helfen, die Befunde von Pfostenlöchern zu bearbeiten. Dazu gehört das Freilegen des vertikalen Profils des Befundes. Dies muss anschließend sauber geputzt werden für die Dokumentation durch ein Foto. Danach habe ich eine Zeichnung dieses Profils angefertigt.

Befund schneiden und das Profil freilegen, Ausgrabung Minden-Päpinghausen, Foto: Marla Stratmann

Die waagerechte Linie symbolisiert die gestraffte gelbe Schnur, die zwischen den zwei Nägeln gespannt ist. Auf der Zeichnung sind die Nagelköpfe durch die Punkte A und B eingezeichnet. Anhand dieser Orientierung kann man die Zeichnung maßstabgetreu anfertigen. Das O oberhalb des A‘s steht für Osten und das W über dem B sagt aus, dass dieser Punkt im Westen liegt.

Negativentnahme auf der Ausgrabung Minden-Päpinghausen, Foto: Marla Stratmann

Nach der Zeichnung habe ich das Negativ, die andere Hälfte des Befundes, heraus genommen und dies ebenfalls mit einem Foto dokumentiert.

Wer sich für Geschichte interessiert und diese über praktische Erfahrungen lernen möchte, ist hier genau richtig.

 

Marla Stratmann