Ausgrabung in der mittelalterlichen Wüstung von „Didinghusen“

13.02.2023 Eva Johannhörster

Zwei Grabungsfirmen arbeiten gleichzeitig auf dem mehrere Hektar großen Gelände der künftigen Logistikhalle des RegioPorts OWL. Foto: LWL/A. Wibbe

Erdkeller von Wohngebäuden, Grubenhäuser mit Feuerstellen sowie diverse Abfall- und Pfostengruben zeugen von einer dichten Besiedlung des Areals in Minden Päpinghausen, zwischen Bundesstraße 482 und des schon auf niedersächsischer Seite liegenden Ortes Cammer. Die Funde und Befunde belegen eine über mehrere Jahrhunderte hinweg andauernde Nutzung des Platzes, an dem sich künftig das Logistikzentrum des RegioPorts OWL befinden wird. Die Grabungsfirmen Archäologie am Hellweg und Denkmal 3D dokumentieren schon vor dem eigentlichen Baubeginn die Bodendenkmäler und bergen die auftretenden Funde, damit im Nachhinein ein reibungsloser Bauablauf gewährleistet ist.

Die aus schriftlichen Quellen und durch vielfältige Lesefunde bezeugte Wüstung ist nun – anders als in den Jahren zuvor – zumindest teilweise lokalisiert. Es wurde der westliche Teil des Ortes erfasst, Richtung Norden und Osten setzen sich die Befunde unter den heute landwirtschaftlich genutzten Ackerflächen fort. Auch zeitlich reichen die Befunde vor die bisher bekannte und in den schriftlichen Quellen erwähnte Besiedlung der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts. Befunde und Funde belegen deutlich voneinander getrennte Hofstellen, die bis in das 8. Jahrhundert zurückreichen. Zudem scheint ein Graben ein Siedlungsareal oder eine Hofstelle großflächig umzogen und räumlich abgegrenzt zu haben.

Der WDR „zu Besuch“ in Minden Päpinghausen. Grabungsleiterin Dr. Eva Manz von Archäologie am Hellweg legt einen von mehreren mittelalterlichen Brunnen frei; Foto: LWL/S. Spiong

Die Wasserversorgung sicherten mehrere Brunnen, welche bis zur Tiefe der geplanten Bebauung untersucht werden. Darunter auch ein Kastenbrunnnen, dessen rechtwinklige Form sich schon vor dem Erreichen des womöglich noch im Erdreich erhaltenen hölzernen Brunnenschachtes deutlich vom umliegenden Substrat absetzt.

Grabungsleiter Andreas Thümmel von Denkmal 3D begutachtet das Profil einer möglichen „Darre“, die wohl dem Trocknen von Flachs oder dem „Dörren“ von Lebensmitteln diente; Foto: LWL/S. Spiong

Einen nicht alltäglichen Befund stellt eine in den Boden eingegrabene großflächige Struktur dar, die Richtung Süden über eine Rampe zugänglich war und auf der Sohle eine Brandschicht besaß. Verfärbungen, die auf Pfostengruben mit dazwischenliegenden Schwellbalken hindeuten, legen die Rekonstruktion einer Überdachung nah. Ursprünglich diente diese in den Boden eingegrabene und vor den äußeren Witterungsbedingungen durch ein Dach geschützte Feuerstelle womöglich dem „Dörren“ von Lebensmitteln und/oder dem trocknen von Flachs zur Leinenherstellung. Auch Hopfen und Malz könnten in einer derartigen Anlage getrocknet worden sein. Ob hier womöglich die ersten Belege für ein „Didinghusener Bier“ liegen, vermag hoffentlich die botanische Analyse der entnommenen Bodenproben zu klären.

Zentral auf der Sohle der Eingrabung sind noch die dunklen Reste einer Brandschicht erkennbar; Foto: LWL/A. Wibbe
Constantin Fried präsentiert eine Kreuzscheibenfibel aus der 2. Hälfte des 10. Jahrhunderts, diese besaß ursprünglich kostbare Emaileinlagen; Foto: LWL/S. Düvel

Webgewichte, Spinnwirtel und Schlackereste belegen weitere handwerkliche Tätigkeiten der sich selbst versorgenden Bevölkerung. Zudem weist eine kleine Bronzebrosche mit farbigen Emaileinlagen auf einen gewissen Wohlstand der Menschen hin.

Die Grabung im einstigen „Didinghusen“ dauert voraussichtlich noch bis zum Frühjahr dieses Jahres und hält bis dahin sicherlich noch einige Überraschungen bereit.

 

Text: Sebastian Düvel

Im 10./11. Jahrhundert trug man dieses stilisierte Kruzifix als Anhänger; Foto: S. Spiong