Zwar existieren allgemeinhin zahlreiche historische Quellen, wie Bauvorschriften und Erlasse, doch ihnen fehlt allesamt die materielle Dimension, die die Vergangenheit greifbarer und erfahrbarer macht. Ihnen ist kein Wort zu entlocken, wie es war, wenn mit ohrenbetäubendem Lärm die Luftschutzsirenen heulten, sich Bombergeschwader mit todbringender Fracht näherten und über 120 Personen – Junge wie Alte und Kranke – zum Deckungsgraben eilten. Wie sie die Treppen runter stürzten und eng gepfercht Knie an Knie gegenübersaßen, während in näherer Umgebung Bomben detonierten und die Erde zitterte. Menschen schrien, stöhnten und weinten. Zurückgelassene Glaskonserven und eine Blechkanne zeugten von stundenlangen Aufenthalten zwischen kaltem Stahlbeton. Ein kleiner Kohleofen sollte Wärme spenden, doch entzog er zugleich noch mehr kostbaren Sauerstoff, der nur über ein paar Belüftungsrohre seinen Weg von außen nach innen fand. Ein Aborträumchen mit einer Trockentoilette tat sein Übriges. Wasser drang ins Innere des schlecht abgedichteten Deckungsgrabens und wurde über eine kleine Rinne und eine Handpumpe nach außen abgeleitet. Abgebrannte Kerzen der Notbeleuchtung lassen erahnen, wie die elektrische Beleuchtung zusammengebrochen war.
Heutzutage ist es schwer vorstellbar, wie eine so hohe physische wie psychische Belastung zur teils alltäglichen Routine werden konnte. Umso wichtiger ist es, dass auch derartige „unbequeme“ Bodendenkmäler im Fokus stehen.
Thomas Poggel M.A.