Eine Grabplatte im Waschkeller

26.06.2023 Michael Baales

Hagen-Elsey. Ein 3D-Laserscanner kam zum Einsatz, um eine als Bodenplatte zweitverwendete Grabplatte dreidimensional zu dokumentieren. – Foto: LWL-AfW Olpe/Fabian Geldsetzer

Eine Grabplatte im Waschkeller

„Kellerarchäologie“ in Hagen-Elsey

Als der Iserlohner Heimatforscher Horst Klötzer im Frühling dieses Jahres das Neuauffinden einer Grabplatte in Elsey (Hagen-Hohenlimburg) meldete, wurden die Archäologinnen und Archäologen der LWL-AfW, Außenstelle Olpe, direkt aufmerksam. Nicht nur, dass Herr Klötzer bereits in der Vergangenheit einen guten Riecher bei archäologischen Fundstellen bewiesen hatte weckte die Neugier der Fachleute, sondern gerade auch die Lage der Fundstelle im ehemaligen Stiftsbezirk Elsey machte die Meldung spannend.

Denn 1843 wurde der eingefriedete Friedhof an der Kirche in Elsey aufgegeben und der sogenannte „Alte Elseyer Friedhof“ an der Esserstraße geweiht. In diesem Zuge verschwanden eine Vielzahl der mehrere Jahrhunderte alten Grabsteine und somit wichtige Quellen zur Stiftsgeschichte. Da im Laufe der Zeit zahlreiche Grabsteine vom Friedhof entwendet worden, um sie als Baumaterial woanders einer neuen Verwendung zuzuführen, verblieb nach 1843 nur eine überschaubare Anzahl an Grabsteinen und Grabplatten im Stiftsbezirk. Wilhelm Bleicher konnte 1996 noch 15 Epitaphe dokumentieren, die in und um der Stiftskirche aufgestellt waren und dort zum Teil heute noch zu betrachten sind.

Umso erwartungsvoller war das Team der Außenstelle Olpe darauf, die Neuentdeckung zu sehen und dokumentieren zu können.

  • Um den Fund koordinatengerecht einmessen zu können, wurde ein Polygonzug durch das Haus gelegt. – Foto: LWL-AfW Olpe/Fabian Geldsetzer

  • Für den Polygonzug wurde der Standpunkt Tachymeter mehrmals verlagert. – Foto: LWL-AfW Olpe/Thomas Poggel

  • Die teilweise noch vom Putz bedeckte Grabplatte. – Foto: LWL-AfW Olpe/Fabian Geldsetzer

Doch die gemeldete Grabplatte fand sich nicht im Bereich des ehemaligen Friedhofes, sondern in einem Waschkeller eines angrenzenden Hauses! Dort war sie bislang unter einem Bodenputz versteckt gewesen, der nun langsam abblätterte und Verzierungen und Inschriften freigab.

Nachzeichnung der Inschriften auf der Grabplatte. – Foto & Bearbeitung: LWL-AfW Olpe/Fabian Geldsetzer)

Da eine gewaltsame Entfernung des restlichen Putzes die Verzierungen nur weiter beschädigt hätte, wurde nur der bereits offenliegende Bereich der Grabplatte dokumentiert. Neben dem Anfertigen von Fotografien, Beschreibungen und Skizzen kam dabei auch ein 3D-Laserscanner zum Einsatz, mit dem eine maßhaltige Punktewolke der Grabplatte angefertigt wurde. In der Nachbearbeitung kann daraus ein 3D-Modell erstellt werden.

Obwohl die Grabplatte nicht komplett sichtbar gewesen war, konnten einige interessante Informationen aus ihr gewonnen werden. Die umlaufende Inschrift (Buchstaben in den Klammern sind vom Autor ergänzt) lautete: CAPITV LAR • IV(F)EER • DES • STIF(TES) • ELS(EY) • A(NO). Die Inschrift gibt dabei Aufschluss über den oder die Tote: CAPITVLAR („V“ wird dabei als „U“ gelesen) bedeutet, dass hierunter einst ein Mitglied eines dem Adel vorbehaltenen (weltlichen) Stiftes bestattet worden war. Das nächste Wort IVFFER bedeutet Jungfrau, muss im Stiftskontext aber eher als fromme Frau oder Betschwester verstanden werden. Damit ist das Geschlecht der bestatteten Person geklärt. DES STIFTES ELSEY zeigt auf, dass die Verstorbene zum Zeitpunkt ihres Todes Angehörige des Stiftes Elsey war. Das Wort ANO bedeutet Jahr und steht sehr wahrscheinlich vor den Lebens- und/oder Sterbedaten, die jedoch vom Putz verdeckt blieben. Unterhalb der Verzierungen fanden sich noch die Wörter WANHOF und S(IBER)CH und bezeichnen Adelsgeschlechter. Die dazugehörigen Wappen sind die Verzierungen darüber: Beim linken handelt es sich um sogenannte „Judenhüte“, beim rechten um ein sogenanntes "fünfspeichiges Rad". Es ist wichtig anzumerken, dass die Verwendung von heraldischen Symbolen nicht auf die ausgeübte Religion der Person oder einer spezifischen Verbindung zu dieser verweisen müssen; vielmehr werden Symbole und Elemente in der Heraldik aus verschiedenen Quellen und Traditionen verwendet, um eine individuelle Familienidentität oder Zugehörigkeit zu repräsentieren.

Diese Grabplatte an der Südseite der Kirche wies einige Ähnlichkeiten mit dem neuen Fund auf. – Foto: LWL-AfW Olpe/Fabian Geldsetzer)

Eine ähnliche Grabplatte von 1623 mit den entsprechenden Wappen und Adelsnamen findet sich an der Südseite der Elseyer Kirche. Interessant ist, dass bei der neuendeckten Grabplatte WANHOF und bei der Grabplatte an der Kirche WANTHOF geschrieben steht. Hier könnte zukünftig mittels Onomastik (Namenkunde) evtl. noch eine zeitliche Eingrenzung des neuen Fundes erreicht werden.

Der Fundort der Grabplatte lässt darauf schließen, dass diese dort sekundär als Bodenplatte verbaut worden war. Eine kleine Nachgrabung an der Seite der Grabplatte bestätigte dies. Ferner konnte festgestellt werden, dass sich noch mindestens zwei weitere Laufhorizonte unterhalb der Grabplatte befanden. Die Grabplatte kann als sogenanntes terminus ante quem für diese Böden gelten; sie müssen demnach bereits vor der Umnutzung der Grabplatte als Bodenplatte angelegt worden sein. Dementsprechend ist von einem höheren Alter des Gebäudes oder zumindest des heutigen (Wasch-)Kellers auszugehen.

Herr Klötzer hatte also erneut seinen guten Riecher bewiesen und die Archäologinnen und Archäologen der Außenstelle Olpe konnten neue Erkenntnisse zum Elseyer Stift für die Nachwelt sichern.

Fabian Geldsetzer B.A.

 

Literatur:

W. Bleicher, Grabsteine und Grabdenkmale an der Außenwand der Elseyer Kirche, Teil 1. Hohenlimburger Heimatblätter 8/96, 1996, 294-310.

W. Bleicher, Grabsteine und Grabdenkmale an der Außenwand der Elseyer Kirche, Teil 2. Hohenlimburger Heimatblätter 4/97, 1997, 121-129.

Kategorie: Außenstelle Olpe