Achtung Experiment – Teil 7

14.08.2017 Carolin Steimer

Der Brennstoff des Experimentes: 27 Schüttmeter Buchenholz (Foto: LWL-Archäologie für Westfalen/Manuel Zeiler)

Jetzt wird es ernst ...

In Zeiten des sogenannten Atomausstiegs oder der aktuellen Diskussion über die Bedeutung des Diesel-Kraftstoffs als Treibstoff rücken regenerative Energieträger wieder in den Fokus. Während dabei der Wind-, Sonnen- und Wasserkraft die zukünftig größte Bedeutung beigemessen wird, scheint der wichtigste Energieträger der Menschheitsgeschichte in Vergessenheit geraten zu sein – reden wir über Holz!

Anlieferung des Buchenholzes (Foto: LWL-Archäologie für Westfalen/Manuel Zeiler)

Eine Forschungskooperation aus LWL-Archäologie für Westfalen, Deutschem Bergbau-Museum Bochum, LWL-Freilichtmuseum Hagen und Ruhr-Universität Bochum führt derzeit ein Verhüttungsexperiment im LWL-Freilichtmuseum Hagen durch und wird Ende des Monats die Verhüttung starten. Bis dahin haben wir schon einen großen Holzverbrauch gehabt, um den Verhüttungsofen zu bauen (2 Raummeter) und ihn mit Feuer auszuhärten (8 Raummeter).
Nun beginnt am 20. August die wichtigste Experimentphase der Verhüttung, bei der die nötigen hohen Temperaturen durch die Verbrennung eines organischen Energieträgers gewährleistet werden wird – doch ist es Holz oder Holzkohle?

Schon jetzt wird der Holzverbrauch akribisch dokumentiert: Das Volumen der zerkleinerten Hasel- und Weidenruten wird in einer Messwanne festgestellt … (Foto: LWL-Archäologie für Westfalen/Manuel Zeiler)

Erst ab dem 18. Jahrhundert lösten Braun- und Steinkohle Holz bzw. Holzkohle als wichtigsten Brennstoff ab. Holzkohle entsteht dadurch, dass Holz bei einer Hitze von knapp 300°C in einem sauerstoffarmen Milieu verschwelt. Ergebnis ist ein Brennstoff, dessen Kohlenstoffgehalt im Idealfall 80-90 % beträgt; daher ist die Holzkohle ein weitaus hochwertiger Brennstoff als Holz. Folglich war Holzkohle der ideale Brennstoff zur Verhüttung von Eisenerzen. Doch trifft dies auch auf die Eisenzeit im Siegerland zu? 

… und anschließend auch das jeweilige Gewicht des Holzes bestimmt sowie die Holzart notiert (Foto: LWL-Archäologie für Westfalen/Manuel Zeiler)

In der Altforschung wurde dies nicht hinterfragt, denn die Ausgrabungen der ersten keltischen Rennöfen erbrachten auch massive Holzkohlenschichten und überhaupt wurde es grundsätzlich für unmöglich gehalten, dass ein anderer Brennstoff als Holzkohle eine Verhüttung ermöglichen könnte.

… die der Schmied Steffan Roth für das Verhüttungsexperiment nachschmiedete … (Foto: LWL-Archäologie für Westfalen/Thomas Poggel)

Archäologische Forschungen der letzten 20 Jahre rütteln aber an diesem Bild und der eisenzeitlichen Produktionsregion Siegerland kommt dabei eine Schlüsselposition zu. Hier verhütteten keltische Hüttenleute in den größten Öfen ihrer Epoche in Mitteleuropa Eisenerz zu Stahl. Viele dieser Werkstätten wurden ausgegraben und dabei auch ihr Umfeld erforscht – dabei wurde aber niemals eine technische Einrichtung (Meiler) nachgewiesen, mit der Holzkohle hergestellt wurde. Angesichts der Tatsache, dass bei mittelalterlichen Werkstätten Verhüttungsöfen und Meiler regelhaft miteinander vergesellschaftet ausgegraben wurden, ist dies ein auffälliger Befund. 

… und die sich zum Spalten von Holz durchaus eignet. Die Form der Axt ähnelt modernen Spaltäxten, wobei aber die geschwungene Form auch Streitäxten des Frühmittelalters ähnelt (Foto: LWL-Archäologie für Westfalen/Manuel Zeiler)

Möglich ist freilich, dass bislang einfach keine eisenzeitlichen Meiler entdeckt wurden. Wahrscheinlicher ist aber, dass keine Meiler ausgegraben wurden, weil es sie eben nicht gab: War nicht Holzkohle, sondern Holz der Energieträger? Dr. Jennifer Garner, Bergbau-Museum Bochum,  erklärte die großen Dimensionen der Siegerländer Öfen damit, dass in ihnen großteiliges Holz verbrannt wurde. Ethnografische Studien des letzten Jahrhunderts belegten die Verwendung von Holz bei großdimensionierten, schachtförmigen Verhüttungsöfen in Afrika. Erica Hanning M.A., Kompetenzbereich »Experimentelle Archäologie« beim RGZM Mainz, wies mit archäologischen Experimenten nach, dass auch bei der Verhüttung von Kupfer in Nachbauten bronzezeitlicher Öfen Holz sogar ein weitaus besserer Energieträger als Holzkohle ist.

Schließlich diskutierte Dr. Stephanie Menic, wiederum Bergbau-Museum Bochum, die die siegerländer Produktionskette vom Erz bis zum Eisen erforschte, dass bei der Verhüttung mit Holz in den großen Öfen ganz nebenbei so viel Holzkohle entsteht, dass sogar für nachfolgende Schmiedearbeiten genug Holzkohle produziert wurde.

Die Forschungskooperation berücksichtigt diese Diskussion in ihrem Verhüttungsexperiment im LWL-Freilichtmuseum Hagen. Wir werden erstmalig eine Verhüttung von Eisenerz in dem Nachbau eines eisenzeitlichen Ofens des Siegerlandes mit Holz versuchen. Dazu haben wir eine große Menge Buchenholz besorgt – eine Baumart, die neben Eiche am häufigsten als Brennholz für das eisenzeitliche Siegerland nachgewiesen ist. 

Manuel Zeiler

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