Achtung Experiment !

03.04.2017 Carolin Steimer

Dieser Ofenbefund von der Wartestraße in Siegen-Niederschelden (Ausgrabung 2000) zeigt im Querschnitt gut die birnenförmige Gestalt eines eisenzeitlichen Verhüttungsofens im Siegerland (Foto: LWL-Archäologie für Westfalen/Hermann Menne).

Ein Projekt der LWL-Archäologie zur eisenzeitlichen Metallurgie im LWL-Freilichtmuseum Hagen

Im Siegerland bestand während der jüngeren Eisenzeit, ca. 400 v. Chr. bis zur Zeitenwende, eine ausgedehnte Montanlandschaft am Rande der keltischen Zivilisation. In den größten Verhüttungsöfen ihrer Epoche wurden in dieser Region große Mengen Stahl produziert, weiterverarbeitet und vermutlich damit Gebiete im heutigen Mittelhessen versorgt.

Vor allem intensive interdisziplinäre Forschungen der letzten 15 Jahre erbrachten als Ergebnis, wie komplex die Montanlandschaft Siegerland strukturiert war und dass die Eisenproduktion sich auf einem beachtlichem Niveau befand. Berechnungen von Stephanie Menic machen wahrscheinlich, dass pro Verhüttungsvorgang in einem Ofen mindestens 100 kg Stahl produziert werden konnten. Wenn man bedenkt, dass erst wieder im späten Mittelalter solche Produktionsmengen pro Verhüttungsvorgang erreicht wurden, wird die Leistung der keltischen Hüttenleute deutlich. Allerdings konnten weder archäologische Ausgrabungen an Verhüttungswerkstätten noch archäometallurgische Analysen der Schlacken diese Hypothese Stephanie Menics zweifelsfrei überprüfen. Für die Gesamtbewertung der Montanlandschaft Siegerland ist dies aber grundlegend: Heute wissen wir, dass die Verhüttungsöfen nicht nur auffallend groß waren, sondern zudem mehrfach gefahren wurden und darüber hinaus teilweise in Batterien an zahlreichen großen Werkplätzen standen. Folglich ergibt sich daraus eine enorme Gesamtproduktion, die überregional von Bedeutung gewesen sein muss.

 

Um dies zu prüfen, muss die Produktionsmenge der keltischen Verhüttungsöfen geklärt werden. Dazu führen wir seit dem 27. März ein archäologisches Experiment durch. Wir sind eine Kooperation aus der LWL-Archäologie für Westfalen, Außenstelle Olpe, dem Deutschen Bergbau-Museum Bochum, der Ruhr-Universität Bochum, dem Römisch-Germanischen Zentralmuseum Mainz (Erica Hanning M.A.) sowie dem LWL-Freilichtmuseum Hagen unter der Leitung von Dr. Manuel Zeiler sowie Dr. Jennifer Garner. Nach umfangreichen Planungen bauen wir einen Verhüttungsofen im LWL-Freilichtmuseum Hagen nach. Dabei werden Ausgrabungsergebnisse mehrerer eisenzeitlicher Werkstätten einbezogen und eine Ofenanlage konstruiert, die den ausgegrabenen Vorbildern möglichst nahe kommt. Hierfür konnte Heinz Hadem aus Siegen-Oberschelden als Bauleiter gewonnen werden, der schon zahlreiche große Verhüttungsöfen nach archäologischen Vorbildern errichtet hat.

Am 27. März 2017 wurde zuerst ein Hangbereich im Museum ausgebaggert, denn genauso wie die keltischen Vorbilder soll unser Ofen im Hang eingetieft stehen. Nachdem der Baugrund nivelliert worden war, begann der Bau des Gerüstes. Dieses besteht aus Hasel- und Weidenästen. Zunächst wurden daumendicke Staken gesetzt und dann in Form gebogen. Dies stellte uns vor einige Schwierigkeiten, denn die eisenzeitlichen Öfen haben im Querschnitt eine Birnenform. Teilweise mussten daher die Staken angebrochen, mehrfach in Form gespannt und immer wieder durch Querzüge aus Ästen gesichert werden. Danach wurde ein dichtes Flechtwerk angelegt, wobei an der Stelle der späteren Düsen bzw. dort, wo Messgeräte in Keramikrohren in den Ofen gesetzt werden sollen, Rundhölzer als Platzhalter platziert wurden. Schließlich wurde aus Steinen und Lehm ein Schürkanal angesetzt. Dieser ist ebenso wie die Birnenform sowie das große Volumen, das charakteristische Merkmal der Siegerländer Öfen.

Das Team am Ende der ersten Woche mit dem Bauleiter Heinz Hadem ganz rechts (Foto: Deutsches Bergbau-Museum Bochum/Jennifer Garner).

Seit dem 3. April wird der Lehmmantel angebracht. Das Mischungsverhältnis aus archäologisch nachgewiesenen Bestandteilen wurde bereits zuvor geklärt. Besonders an den Siegerländer Öfen ist auch, dass die keltischen Hüttenleute Tonerde in den Lehm einmagerten. Der darin enthaltene Kaolin wandelt sich bei den hohen Verhüttungstemperaturen zu Mullit, wodurch die Ofenwand bessere thermische Eigenschaften erhielt. Wir verwenden Tonerde aus dem Westerwald mit hohem Kaolingehalt. Das Material ist allerdings sehr grobkörnig und muss daher von uns gepocht und gesiebt werden, bevor es dem Lehm zugeschlagen werden kann.

 

Wir wollen an dieser Stelle immer wieder über den Fortschritt des Experimentes berichten. Also, schauen Sie immer wieder mal vorbei!

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