Seltener Fund auf der Holsterburg

05.09.2017 Carolin Steimer

Seltener Fund auf der Holsterburg: Das Fragment eines kostbaren, reich verzierten Elfenbeinkammes. (Foto: LWL/ S. Brentführer)

Fragment eines Elfenbeinkammes gefunden

Im Zuge der Ausgrabungen auf der Holsterburg bei Warburg konnte das Fragment eines kostbaren einteiligen Doppelkammes aus Elfenbein geborgen werden. Der Doppelkamm weist in seinem rechteckigen Mittelteil beidseitig ein kunstvoll gearbeitetes Bildmotiv auf. Vergleichbare, meist als „liturgisch“ bezeichnete Elfenbeinkämme gehören in der Regel in den Bestand von Kirchenschätzen. Oft werden sie mit Heiligen oder Bischöfen in Verbindung gebracht, gelegentlich werden sie aber auch Königen zugeschrieben. Ihr Gebrauch in liturgischen Handlungen ist durch Schriftquellen seit dem 10. Jahrhundert nachweisbar, so zum Beispiel bei der Weihe von Bischöfen und Priestern. Mit ihnen wurden nach dem Anlegen der Messgewänder die Haare geordnet. Gleichsam war dies aber auch eine symbolische Handlung zur Ordnung der Gedanken auf das heilige Geschehen hin. Lassen sich derartige „liturgische“ Kämme bereits selten in kirchlichen Schatzkammern nachweisen, so sind Elfenbeinkämme mit Bildmotiv im profanen Bereich kaum vertreten.

Das Fragment des ehemals hochrechteckigen Holsterburg-Doppelkammes mit einer Breite von maximal 7,1 cm weist in weiten Bereichen altgebrochene Zähne auf. Der rechteckige Mittelteil des Doppelkammes zeigt zwei rechteckige Bildfelder mit im Flachrelief herausgearbeiteter Motivik. Auf der einen Seite findet sich eine Jagdszene, in der ein Hund einen ebenfalls im Sprung befindlichen flüchtenden Hasen schlägt. Das Bildfeld der anderen Seite zeigt zwei aufeinander zuschreitende und sich im Brustbereich berührende  Pfauen mit angelegten Flügeln und nach hinten stehenden langen Federn der Schwanzschleppe.

Auf der anderen Seite des Kammes sind zwei Pfauen zu sehen (Foto: LWL/S. Brentführer).

Der Verlust des Doppelkammes kann nachweislich dem dritten Viertel des 12. Jahrhunderts zugewiesen werden. Er dürfte sich im Besitz der Edelherren von Holthusen, den Bauherren der Burg, befunden haben. Nachweislich wurde er aus einem Elefantenstoßzahn gefertigt. Ob dies im Mittelmeerraum, eventuell im Byzantinischen, geschah oder in einer Werkstatt nördlich der Alpen, etwa in Metz, Lüttich oder Köln, lässt sich derzeit nicht beantworten.

Sowohl das kostbare Material als auch die qualitätsvolle Ausführung des Holsterburg-Kammes weisen ihm einen Platz in der Gruppe der circa sechzig derzeit bekannten „liturgischen“ Kämme des Zeitraumes zwischen 800 und 1200 zu. Ihn hebt jedoch hervor, dass er nachweislich nicht dem sakralen Milieu entstammt, sondern aufgrund seines Fundortes und seiner Motivik eindeutig für einen adeligen Käufer gefertigt wurde.

Dr. Hans-Werner Peine/ Kim Wegener

Die Holsterburg bei Warburg ist nicht nur für Westfalen einzigartig. In Europa gibt es nur wenige oktogonale Burgen von dieser Qualität. (Foto: LWL/ R. Klostermann)