Keltisches Fürstengrab oder moderne Brunnenanlage? Eine Frage des Ortes!

13.10.2022 Sandra Goertz

Ein bisher unbekannter Grabhügel oder doch nur die Präsentationsfläche eines Autohauses? Foto: M. Fabian Meyer-Heß

Keltisches Fürstengrab oder moderne Brunnenanlage?

Eine Frage des Ortes!

Digitale Geländemodelle (DGM) werden in der Archäologie seit Jahren erfolgreich zur Erfassung möglicher Bodendenkmäler eingesetzt. Um deren Potential bestmöglich auszunutzen, untersucht die LWL-Archäologie für Westfalen-Lippe in Kooperation mit dem Geographischen Institut der Ruhr-Universität Bochum die Eignung verschiedener Techniken zur automatisierten Erfassung von Bodendenkmälern aus Geländemodellen Westfalens. Die Anfänge des Projekts wurden bereits im Blog dokumentiert.

Bei der bisherigen Arbeit trat das Problem auf, dass archäologische Strukturen mit modernen Bauten von ähnlicher Morphologie verwechselt wurden, da diese beiden sich allein auf Basis eines Geländemodells nicht zuverlässig voneinander unterscheiden lassen. Grundsätzlich ist auch die manuelle Interpretation davon betroffen, auch wenn der archäologische Erfahrungsschatz Verwechselungen größtenteils vermeidet. Es wurde daher eine Möglichkeit gesucht, manuell-visuelle und automatisiert-computergestützte Auswertungen von Geländemodellen, Luftbildern und anderen Fernerkundungsdatensätzen durch zusätzliche Informationen zu unterstützen. Zwei mögliche Ansatzpunkte sind die Lage eines Ortes oder eines Objekts und seine Art bzw. Nutzung: Ein asphaltierter Hügel vor einem Autohaus ist beispielsweise weniger interessant als ein Hügel im Wald.

Bestimmung des gestörten Bereichs (rot) am Beispiel zweier Forstwege (links) und eines Brunnens (rechts). Beide liegen im BasisDLM als flächenlose Linien- bzw. Punktgeometrie vor (gelb). Kartengrundlage und Datenquelle: Land NRW 2022, Datenlizenz Deutschland – Land NRW – Version 2.0. www.govdata.de/dl-de/by-2-0

Die Grundannahme ist, dass Anomalien in Geländemodellen und Luftbildern in unmittelbarer Nähe zu moderner Infrastruktur ebenfalls modernen Ursprungs und archäologisch uninteressant sind. Diese gilt es zu identifizieren und bei der Erfassung zu übergehen. Das Digitale Landschaftsmodell des Landes NRW (BasisDLM) beinhaltet sowohl großräumige Landbedeckungstypen wie Grünland, Wald oder Siedlung als auch Lageinformationen moderner Bauwerke wie Gebäuden, Straßen oder Windkraftanlagen. Damit eignet es sich dazu, Anomalien auf Ihre archäologische Relevanz hin zu prüfen.

Großflächige Landschaftselemente wie landwirtschaftliche Nutzflächen, Wälder und Siedlungen liegen digital als Flächen vor. Unversiegelte Landbedeckungstypen ließen sich daher zu einem ersten Datensatz zusammenfügen, um davon Stück für Stück versiegelte und gestörte Flächen zu subtrahieren bzw. auszustanzen.

Verwechselungen einzelner, räumlich abgrenzbarer Bodendenkmäler mit „modernen Erdwerken“ werden mit der Beschränkung auf unversiegelte Flächen allerdings nur begrenzt verhindert. Dies liegt daran, dass für viele solcher Objekte, z.B. Windkraftanlagen oder Straßen, Dämme und Gräben, lediglich deren Position und ggf. ihr Verlauf verzeichnet ist. Das digitale Objekt im Landschaftsmodell deckt daher den „Abdruck“ im Gelände bzw. die gestörte Fläche nicht ab. Die Herausforderung bestand darin, diese zunächst zu bestimmen und dann wiederum von den unversiegelten Flächen zu subtrahieren.

Zu diesem Zweck wurden alle linien- und punkthaften Objektarten untersucht und der jeweilige Radius bestimmt, innerhalb dessen die Umgebung wahrscheinlich gestört ist. Die Bestimmung eines passenden Radius musste mit viel Fingerspitzengefühl geschehen, um die gestörte Fläche zwar vollständig abzudecken, gleichzeitig aber nicht unnötig viel ungestörte Fläche falsch zu deklarieren. Abschließend wurden Flächen entfernt, die zu klein sind, um Bodendenkmäler enthalten zu können und das Ergebnis geglättet, um optisch ansprechender zu sein.

Eine Reihe von Hügeln am Ufer der Ruhr bei Hattingen in der Schummerungsdarstellung des Landes NRW. Was auf den ersten Blick an Grabhügel erinnert, lässt sich durch den Datensatz zu ungestörten Flächen (grün) schnell als modern identifizieren – in diesem Fall als Brunnenanlagen. Der Wasserkörper der Ruhr am oberen Bildrand wurde ebenfalls entfernt. Kartengrundlage: Land NRW 2022, Datenlizenz Deutschland – Land NRW – Version 2.0. www.govdata.de/dl-de/by-2-0

Das Resultat?

Das Resultat ist ein Datensatz mit Flächen, deren Relief aller Voraussicht nach in den letzten Jahrzehnten nicht verändert wurde und die damit archäologisch noch relevant sind. Flächen, deren Relief nach Auswertung der vorliegenden Daten künstlich verändert erscheinen, sind hingegen ausgestanzt.

Um die archäologische Arbeit bestmöglich zu unterstützen und eine Vielzahl von Nutzungen zu ermöglichen, ist der Datensatz in FuPuDelos, der Fundpunktdatenbank der LWL-Archäologie für Westfalen-Lippe, abrufbar und kann wie gewohnt mit bisherigen Datensätzen überlagert werden.

Text: Fabian Meyer-Heß

 

Dokumentation:

Meyer-Heß, M.F. (2020): Identification of Archaeologically Relevant Areas Using Open Geodata. In: KN - Journal of Cartography and Geographic Information, 70 (3). https://doi.org/10.1007/s42489-020-00049-w