Schon über 15 Jahre auf der Pirsch um Fröndenberg und Umgebung

28.02.2018 Carolin Steimer

Nur die besten Stücke: die jüngste Ausbeute von Michael Becker (LWL-AfW Olpe/M. Baales)

Michael Becker, ein engagierter Helfer der Archäologie

Vor etwa 15 Jahren habe ich Michael Becker kennengelernt, nachdem ich in Olpe als Dienststellenleiter und Steinzeitarchäologe begonnen hatte. Er zeigte mir erste Feuersteinartefakte, die er auf Ackerflächen um sein Wohnhaus in Fröndenberg herum gefunden hatte. Dabei waren direkt erste Pfeilspitzen aus der Mittel- und Jungsteinzeit sowie allerlei Gerätschaften aus Nordischem und auch Westeuropäischem Feuerstein sowie Beilfragmente aus Felsgestein. Ein typisches Spektrum vor allem jungsteinzeitlicher Funde, wie sie in der fruchtbaren Region im Umfeld des Hellweges überall vorkommen.

Warum wurden in diesen Feuersteinkern – eigentlich nur ein Abfallprodukt der Steingeräteproduktion – tiefe Rillen eingearbeitet ? (LWL-AfW Olpe/H. Menne & A. Müller)

Ich ahnte damals noch nicht, dass wir uns danach mindestens einmal jährlich in der Außenstelle Olpe treffen werden, um seine Ausbeute zusammen zu begutachten und sie für die Funddatenbank der LWL-Archäologie aufzubereiten. Seine Kreise dehnten sich zwischenzeitlich deutlich über die direkte Umgebung aus, nicht nur Fröndenberg, auch das benachbarte Wickede und Unna werden teilweise begangen. Mittlerweile gehen wir bei unseren Treffen nicht mehr unter fünf Stunden intensiven Austauschs auseinander!

Die Masse seiner Funde sind jungsteinzeitlicher Zeitstellung. Zahlreiche Pfeilspitzen, Beilfragmente oder auch ganze Beilklingen, Feuersteindolchfragmente, Stücke aus heimischem Nordischen oder exotischem Westeuropäischem Feuerstein, besonders gerne solche aus dem südniederländischen Rijckholt sind regelmäßig darunter. Die Ausbeute geht mittlerweile in die Zehntausende. In Westfalen eine absolute Seltenheit ist ein kleiner Feuersteinkern, den er vor Jahren fand, in dessen dicke Rinde tiefe Furchen eingearbeitet sind. Warum? Kunst? Es bleibt mysteriös. Aber auch jüngere Funde werden in den letzten Jahren mehr und mehr, so nehmen urgeschichtliche Keramikscherben, häufig aus der Eisenzeit, oder kaiserzeitliche Funde zu.

Eine endneolithische Dolchklinge aus Holzwickede, die seit den 1980er Jahren unbekannt in einer Vitrine schlummerte (LWL-AfW Olpe/H. Menne & A. Müller)

Ein ganz wichtiger „Nebeneffekt“ seiner intensiven Arbeit ist auch, dass in heimischen Vitrinen schlummernde Funde der Archäologischen Denkmalpflege zugänglich werden; oft ist die Angst noch groß, dass die Stücke nicht mehr zurückkommen. Er kann diese Angst nehmen. Ein schönes Beispiel ist jüngst eine vollständige endneolithische Dolchklinge aus Holzwickede, die in den 1980er Jahren entdeckt wurde und nun unsere schüttere, südwestfälische Verbreitungskarte dieser Fundkategorie ergänzt. Im nächsten Band der „Archäologie in Westfalen-Lippe“ erscheint hierzu ein ausführlicher Beitrag. Aber Michael Becker hat auch schon selbst zur Feder gegriffen und über seine Funde berichtet, er organisiert Ausstellungen und hält Vorträge. Öffentlichkeitswirksame Werbung für sein Anliegen, die Archäologie in der Region zu befördern und Werbung für unser aller Arbeit zu machen – das ist ihm sehr wichtig. Ich danke ihm sehr für dieses intensive ehrenamtliche Engagement.

Michael Becker hat mit diesem typischen Levallois-Kern auch für Fröndenberg den Neandertaler als „ältesten Bürger“ nachgewiesen (LWL-AfW Olpe/H. Menne & A. Müller)

Ein weiterer Aspekt seiner Arbeit ist, dass er auch in Absprache kleinere Baumaßnahmen beobachtet, ob hier archäologische Funde zu Tage treten; in einem Fall führten seine Ergebnisse auch zu einer bauvorgreifenden Rettungsgrabung in Fröndenberg, über die ebenfalls im nächsten Jahresband berichtet wird (vgl. den link unten).

 

Vor allem vor-jungsteinzeitliche Objekte haben es Michael Becker angetan, je älter, desto besser. Neben einigen mesolithischen Pfeileinsätzen (Mikrolithen) und einer sehr schönen spätpaläolithischen Rückenspitze hat er auch den Neandertaler in Fröndenberg-Warmen aufgespürt, und das gleich an zwei Stellen. Neben einem beschädigten Levallois-Abschlag entpuppte sich ein unscheinbarer Feuerstein als 5 cm langer, typischer Levallois-Kern, klassische Funde aus der Zeit des Neandertalers, über 40.000 Jahre alt. Viele Begehungen an diesen Fundstellen haben dann leider nichts Neues aus der Zeit mehr erbracht – aber er wird nicht aufgeben!

Letzte Woche war Michael Becker dann wieder in Olpe. Neben je zwei mesolithischen Mikrolithen und gestielten endneolithisch-frühbronzezeitlichen Pfeilspitzen waren auch wieder Dolchklingen und -fragmente aus Rijckholt-Feuerstein unter den Funden, ein Stück Lousberg-Feuerstein aus Aachen und einige Beilfragmente aus Fels- oder Feuerstein – um nur ganz wenige Stücke zu erwähnen.

 

Interessant ist ein kleines, nur gut 5 cm langes trapezförmiges Stück, grob zugerichtet aus einem Grauwackegeröll und vom Pflug beschädigt. Nur die auf der Unterseite stark ausgesplitterte Schneide ist sorgfältig überschliffen: eine kleine Beilklinge. Hergestellt für Feinarbeiten in Holz oder ein Kinderspielzeug?

 

Ich freue mich weiter auf immer neue Funde von Michael Becker, der mittlerweile viele Dutzend neue Fundstellen unterschiedlichster Zeitstellung in und um Fröndenberg entdeckt hat – letzte Woche waren es wieder drei neue – und weiter begeht. Auch auf Spaziergängen mit seinen Enkeln werden die Ackerflächen nicht gemieden und so heben die Kleinen schon erste Feuersteine auf, die der Opa so spannend findet. Also leistet Michael Becker auch noch wertvolle Nachwuchsarbeit.

 

Michael Baales

Kategorie: Außenstelle Olpe