Nichts als Grubenhäuser? Archäologische Ausgrabungen im Königstal in Warendorf-Milte

09.06.2022 Sandra Goertz

Das Grubenhaus F1766 im 1. Planum (LWL-Archäologie für Westfalen/Stadt Warendorf/Dennis Becker).

Nichts als Grubenhäuser?

Archäologische Ausgrabungen im Königstal in Warendorf-Milte

Seit September 2020 findet eine bauvorgreifende Rettungsgrabung zur Erschließung eines etwa 5 Hektar großen Wohn- und Gewerbegebietes im Warendorfer Ortsteil Milte statt. Bis heute wurden bei der Grabung bereits über 1900 Befunde dokumentiert, die überwiegend in das frühe Mittelalter datieren. Neben vielen isoliert auftretenden Pfostengruben und Gruben konnten zusammenhängende Strukturen, wie z. B. ein Langhaus vom Typ Warendorf, weitere Wohngebäude, mindestens drei Heubergen und mehrere Nebengebäude entdeckt werden. Darüber hinaus wurden bisher 32 zum Teil mehrphasige Grubenhäuser dokumentiert. Darunter befinden sich mehrere beachtenswerte Exemplare, von denen wir eines wegen der herausragenden Funde vorstellen möchten.

Ein rekonstruiertes frühmittelalterliches Grubenhaus auf dem Gelände des Freilichtmuseums Sachsenhof in Greven (Foto LWL-Archäologie für Westfalen/Jürgen Gaffrey).

Grubenhaus mit besonderen Funden

Bei Grubenhäusern handelt es sich um kleine, in den Boden eingetiefte Nebengebäude. Aus dem Boden ragte in der Regel nur das Satteldach. Die Gebäude wurden überwiegend für handwerkliche Tätigkeiten genutzt. Im Inneren gab es eine gleichbleibende, erhöhte Luftfeuchtigkeit, sodass ideale Bedingungen zum Spinnen und Weben vorlagen. So kommt es immer wieder vor, dass Webgewichte von sogenannten Gewichtswebstühlen im Inneren gefunden werden. In Milte wurde nun sogar ein verbrannter Webstuhl mit den dazugehörigen Webgewichten in einem Grubenhaus entdeckt. Solch ein Finderglück ist sehr selten.

Die Webgewichte und die Reste des verbrannten Webstuhls bei der Freilegung (LWL-Archäologie für Westfalen/Stadt Warendorf/Dennis Becker).

Trotz Feuer mehr als ein Haufen Asche

Der Webstuhl war aus Holz und ist damals verbrannt, sodass sich verkohlte, in das Grubenhaus verstürzte Holzreste erhalten haben. Es hat sich nicht genug Holz erhalten um den Webstuhl zu rekonstruieren, aber die Holzkohle kann datiert und die Holzart bestimmt werden. Auch einige eiserne Nägel haben sich erhalten, die im Webstuhl verbaut waren. Aufschluss über die Nutzung als Webstuhl gaben eine Vielzahl von zum Teil vollständigen Webgewichten. Bisher wurden sieben vollständige und Fragmente von 12 weiteren Webgewichten geborgen. Diese Stücke sind schlecht erhalten, was auch darauf zurückzuführen ist, dass sie aus schwach gebranntem Lehm bestehen und durch ein Brandereignis weiter geschädigt wurden. Die lange Verweildauer im Boden hat dazu geführt, dass sie bei der Auffindung sehr weich und fragil waren.

Blockbergung der Webgewichte durch Restaurator Sebastian Pechtold

Daher wurde entschieden, zumindest einige Stücke im Block zu bergen und diese ohne Zeitdruck in der Restaurierungswerkstatt der LWL-Archäologie freizulegen. Nur dort ist es möglich den weichen Ton bei der Freilegung zu härten damit sie komplett wiederhergestellt werden können. Bei einer Blockbergung wird das Fundstück mit umgebendem Boden Vorort mit Gipsbinden stabilisiert und ein kompletter und stabilisierter Erdblock entnommen. Die eingeschlossenen Funde können so sicher transportiert werden und die Freilegung unter Laborbedingungen in der Werkstatt wird möglich.

 

Autoren: Dr. Ingo Pfeffer, Dennis Becker