St. Servatius (Kirchveischede): Spätromanischer Chorschluss aufgedeckt

12.01.2022 Sandra Goertz

St. Servatius in Lennestadt-Kirchveischede

St. Servatius (Kirchveischede):

Spätromanischer Chorschluss aufgedeckt

Anlässlich von Umbauarbeiten in der Pfarrkirche St. Servatius in Kirchveischede (Lennestadt, Kr. Olpe) führte das Fachreferat Mittalter- und Neuzeitarchäologie gemeinsam mit Kollegen der Außenstelle Olpe eine baubegleitende Untersuchung durch. Dabei konnten wichtige neue Erkenntnisse zum bestehenden Kirchenbau sowie älterer Bauphasen gewonnen werden.

Rechts vorne im Bild ein ungestörtes Teilstück der Apsis, mittig von einem Grab gestört, dahinter das frühgotische Altarfundament

Ein bisschen Geschichte

Die früheste Nennung eines Ortes Namens „Viesch“ bzw. „villa Viesche“ findet sich in Urkunden aus der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts, wobei es sich bei der frühesten um eine ca. 1160 verfertigte Fälschung, bei der späteren um eine Abschrift des 14. Jahrhunderts handelt und daher der Aussagewert, zumindest geringfügig, eingeschränkt ist. Von einer Kirche ist hier aber noch nicht die Rede, sie (bzw. die Pfarrei) erscheint erstmals mit einiger Sicherheit (um) 1313 als „Veske“, in den (Arnsberger) Güterverzeichnissen auch „Vesche“ genannt, im Liber Valoris. Weitergehende Informationen zur Frühgeschichte der Kirche finden sich allerdings auch hier nicht. Sieht man davon ab, dass sich die Verehrung des hl. Servatius seit der Mitte des 10. Jahrhunderts verbreitete und daher eine vorausgehende Kapelle am Ort nicht ausgeschlossen werden kann, ist somit nach gegenwärtigem Forschungsstand am wahrscheinlichsten, dass die „Gründung“ einer Kirche zu Kirchveischede in die Mitte bis zweite Hälfte des 13. Jahrhunderts zu datieren ist. Sie dürfte auf Initiative der seit ca. 1220/1225 auf der gleichnamigen Burg aufsitzenden Edelherren von Bilstein entstanden sein, da diesen nachweislich das Kirchenpatronat in Kirchveischede und Rahrbach zustand. Ihnen folgten die späteren Inhaber der Herrschaft Bilstein, die Grafen von der Mark, und ab 1445 die Erzbischöfe von Köln.

Wichtigstes Ergebnis der im Frühjahr 2021 durchgeführten Untersuchungen ist die Aufdeckung eines Apsisfundaments, das dem noch heute bestehenden gotischen 5/8-Chorschluss vorausging.

Im Vordergrund der frühneuzeitliche Plattenboden des Kirchenschiffs mit einzelnen Grabplatten

Blick in den Kirchenboden

Die über halbkreisförmigem Grundriss mit einer Fundamentstärke von 1,40 Metern errichtete Apsis besaß ein Radialgewölbe und war am Außenbau offenbar mit Lisenen gegliedert. Um Mauerstärke eingezogen, bildete sie den östlichen Abschluss einer spätromanischen Saalkirche, deren Schiff eine Breite von etwa 6,80 Metern besaß. Sehr wahrscheinlich gehörte auch bereits der noch heute erhaltene Westturm zu diesem Kirchenbau. Für dessen frühgotischen Nachfolger übernahm man den Westturm, stattete ein nun gut 8,40 Meter breites, zweijochiges Kirchenschiff mit Kreuzgewölben aus und erweiterte insbesondere das Sanktuarium um ein Chorjoch mit 5/8-Schluss.

Mittig vor dem Hauptaltar dieses neuen Kirchenbaues erfolgte zu einem unbekannten Zeitpunkt – datierendes Fundmaterial liegt leider nicht vor – die Anlage eines ausgemauerten Grabes. Die prominente Lage im Chorjoch macht die Annahme wahrscheinlich, dass hier ein Bilsteiner – vielleicht gemeinsam mit seiner Gattin - die letzte Ruhe fand. Dabei dürfte es sich um den Stifter des neuen Kirchenbaues handeln.

Zahlreiche weitere Angehörige dieser Adelsfamilie sowie vermögende Bürger bestattete man unter dem Fußboden des Kirchenschiffs. Dies zeigen diverse Grabplatten, die man bündig mit dem Fußboden aus Schieferplatten verlegte und deren ehemalige Inschriften und Verzierungen durch Belauf abgeschliffen wurden.

Text: Wolfram Essling-Wintzer, Kim Wegener