Überraschung im Keller

20.07.2016 Carolin Steimer

Gütersloh, Alter Kirchplatz 11, während der Sanierung

Als ich von den LWL-Bauforschern Fred Kaspar und Peter Barthold von der Sanierung des Gebäudes „Alter Kirchplatz 11“ in Gütersloh erfuhr, dachte ich zunächst an eine kleine Probegrabung. Zusammen mit Johannes Glaw, Archäologe und Lehrer in Gütersloh, sahen wir uns den betreffenden Keller an: Deutlich sichtbar war hier die ehemalige Kirchhofmauer mit einem Stützpfeiler, der als Kellerwand in das barocke Gebäude einbezogen worden war.

Blick auf die ehemalige Kirchhofmauer, heute als Kellermauer in das barocke Haus einbezogen

Da auch Bodeneingriffe im Keller des Gebäudes geplant waren, untersuchten wir zunächst ein kleines Areal unmittelbar vor der ehemaligen Kirchhofmauer in der Hoffnung auf weitere Befestigungselemente, wie zum Beispiel einen vorgelagerten Graben, zu stoßen. Dabei wurden wir allerdings enttäuscht, denn direkt unter dem Bauhorizont des heute noch stehenden Gebäudes von etwa 1660 lag schon der anstehende Sandboden. Spuren einer Vorgängerbebauung fanden wir dort nicht, denn mit der Anlage des Kellers waren der alte Oberboden und die darunter liegenden Spuren der unmittelbaren Vorgängerbauten beseitigt worden.

Im kleinen Suchschnitt zeichnete sich deutlich der anstehende Sand direkt unter dem dunklen Bauhorizont des 17. Jahrhunderts ab

Die weiteren Grabungen unternahm dann Johannes Glaw mit einem Team freiwilliger Mitarbeiter. Über mehrere Wochen untersuchten die Ausgräber den Bauhorizont des 17. Jahrhunderts und wurden schnell fündig:
Ein kleiner aus Knochen gesägter Steckkamm, viele Scherben bunt bemalter, glasierter Schüsseln und Teller sowie mehrere Bruchstücke von Tabakspfeifen aus weißem Ton sind typische Überreste vom Alltagsleben im 17. Jahrhundert. Vom Bau des Hauses stammen noch Schieferplatten des Daches und Reste der Glasfenster.

Das Grabungsteam bei der Arbeit

Die eigentliche Überraschung kam dann aber zum Ende der Grabung: Unter dem Bauhorizont hatten sich noch vier Pfostenlöcher erhalten. Sie stammen von einem Haus, dessen dachtragende Pfosten in den Boden eingegraben wurden.

Rebecca Glaw bei der Freilegung eines Pfostenloches
Grabungsplan mit der Lage der Pfostenlöcher (grün markiert)

Mit Hilfe der im Umfeld der Pfosten geborgenen Scherben von kugeligen Töpfen des 11./12. Jahrhunderts gelang hier der Nachweis des bisher ältesten Gütersloher Hauses.

Johannes Glaw präsentiert eine der Tonscherben aus dem 11./12. Jahrhundert

Diese Entdeckung war nur durch den unermüdlichen Einsatz des Teams freiwilliger Helfer unter der Leitung von Johannes Glaw möglich. Herzlichen Dank an alle Beteiligten!

Text: Sven Spiong

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