Unverhofft kommt plötzlich

20.09.2017 Carolin Steimer

Die Untersuchung des Brandgräberfeldes von Herford-Eickum

Zufällig sah der Grabungstechniker Andreas Madziala im Mai 2017 auf einer Dienstfahrt bei Herford-Eickum eine große abgeschobene Fläche von vier Hektar Größe, die zur Hälfte schon geschottert war. Hier entstanden Lager- und Abraumdeponierungsflächen für die Umbau- und Erweiterungsarbeiten am Umspannwerk durch den Stromnetzbetreiber TenneT TSO GmbH.

Schon bei einer ersten Begehung der Flächen fanden sich Siedlungsspuren und schwärzliche, mit Holzkohle durchsetzte Grubenbefunde. In einer ersten Untersuchung durch die LWL-Archäologie für Westfalen/Außenstelle Bielefeld wurden ein eisenzeitliches Brandschüttungsgrab und mehrere Verdachtsstellen freigelegt. Aus der Umgebung bekannte Siedlungsfunde gehören in die ältere vorrömische Eisenzeit.

 

Für die Ausgrabung dieses großflächigen Fundplatzes wurde nach Abstimmung mit der LWL-Archäologie die archäologische Grabungsfirma ARCHBAU von der TenneT TSO GmbH beauftragt. In einer ersten Teilfläche konnten vier sichere Brandschüttungsgräber dokumentiert und zum Teil als Block geborgen werden. Diese werden später in der Restaurierungswerkstatt untersucht. Die Blockbergung bietet die Möglichkeit, nicht nur verbrannte Metallteile besser bergen zu können, sondern liefert Indizien zur Rekonstruktion der Leichenbranddeponierung und zur Verfüllung der Grabgrube. Denn zur damaligen Zeit wurden die Toten mit ihren Beigaben verbrannt und ihr Leichenbrand zusammen mit den Asche- und Holzkohleresten des Scheiterhaufens in die Grabgrube niedergelegt. Deshalb war auch auf der Grabung die Anwesenheit einer anthropologisch versierten Fachkraft für die Freilegung und Dokumentation der Brandgrubengräber erforderlich – eine Notwendigkeit, die zukünftig bei allen Ausgrabungen von Gräberfeldern Regel werden soll.

Freilegung und Dokumentation zweier Urnengräber durch Mitarbeiter der archäologischen Fachfirma ARCHBAU.

Aufgrund der starken Bodenerosion und der landwirtschaftlichen Beackerung waren viele Befunde nur noch unvollständig erhalten. Trotzdem konnten noch weit mehr als ein Dutzend Grubenbefunde, darunter zwei Urnengräber, dokumentiert werden.

Eine Grube mit einer Keramikdeponierung, vielleicht als Teil der Grab- und Bestattungssitte.

Als Beigaben enthielten sie die Scherben von Gefäßen. Aus einem weiteren stammen ein Spinnwirtel und ein verschmolzenes Glasbruchstück. Von besonderer Bedeutung ist der Grabfund einer bronzenen Scheibenkopfnadel, die in die ausgehende Bronzezeit gehört. Mitte August war die Ausgrabung dann beendet. Aber schon während der archäologischen Ausgrabung konnten immer wieder Teilflächen freigegeben werden, so dass die Bauaktivitäten keine Unterbrechung erfuhren.


Die zeitliche Einordnung des Gräberfeldes wird sich nach der Auswertung und Restaurierung der Metallfunde und Keramkscherben sowie nach der 14C-Datierung von Holzkohlen präzisieren lassen. Auch die genaue Zahl der Gräber bzw. Bestattungen wird erst nach der Untersuchungen der Blockbergungen feststehen. Das Gräberfeld kann schon jetzt in die ausgehende Bronze- und ältere Eisenzeit (ca. 900–700 v. Chr.) eingeordnet werden.


Text: Hans-Otto Pollmann

↑ Zum Seitenanfang