Achtung Experiment - Teil 3

13.04.2017 Carolin Steimer

Das stolze Team am Ende der dritten Bauwoche (Foto: Deutsches Bergbau-Museum Bochum/Jennifer Garner)

Fortsetzung des Experimentes der LWL-Archäologie für Westfalen zur eisenzeitlichen Metallurgie im LWL-Freilichtmuseum Hagen

Was bisher geschah: Am 27. März startete ein ungewöhnliches archäologisches Experiment. Eine Forschungskooperation aus LWL-Archäologie für Westfalen, dem Deutschen Bergbau-Museum Bochum, der Ruhr-Universität Bochum sowie dem LWL-Freilichtmuseum Hagen baut einen Verhüttungsofen der Eisenzeit im Siegerland im LWL-Freilichtmuseum Hagen nach. Ziel ist die Rekonstruktion der Verhüttung von Eisenerz in einem der größten eisenzeitlichen Verhüttungsöfen Europas, wie sie archäologische Ausgrabungen nachwiesen. Die Fortschritte der ersten Woche haben wir bereits an dieser Stelle vorgestellt,  ebenso wie die Zwischenergebnisse der zweiten Woche.

In der dritten Bauwoche wurde der Lehmbau des Ofens fortgesetzt und abgeschlossen. Auf die erste Lehmwandung wurde eine zweite Massivere, bis 15 cm Stärke, aufgebracht. Ebenso wie in der letzten Woche wurde die Magerung des Lehms mit kaolinhaltiger Tonerde gemäß den eisenzeitlichen Befunden beibehalten. Im Bereich des späteren Düsenringes ist die Ofenwandung nun zwischen 23 und 25 cm stark. Dort wurde die Wandung deutlich verstärkt, weil dort während der Verhüttung die höchsten Temperaturen erreicht werden und daher Schäden am Lehmbau zu erwarten sind.

 

In die Ofenwand wurden mehrere Tonrohre eingesetzt, in die später während der Verhüttung Messsonden eingebracht werden, um die Temperatur sowie die Atmosphäre an unterschiedlichen Stellen im Ofen zu erfassen.

 

Die obere Öffnung des Ofens – die Gichtöffnung – wurde mit einem Wulst verstärkt. Denn dort sind sonst Beschädigungen am Lehmbau während des Einfüllens des Brennmaterials und der Erze zu erwarten und die wulstartige Verdickung soll die Gichtöffnung zusätzlich stabilisieren. Schließlich wurde die Wandung insgesamt geglättet und damit die Oberfläche verdichtet. Ebenso wie bei den archäologisch nachgewiesenen Befunden besteht unser Ofen nun aus mehreren Lehmschichten gleicher Zusammensetzung, die am massivsten im Bereich des Düsenrings und am dünnsten an der Sohle sind.

Ein Bauteil der eisenzeitlichen Verhüttungsöfen des Siegerlandes, dass auch an dem neuen Ofen nicht fehlt, ist in seiner Funktion bislang unklar: Vielfach wurden nämlich unten am Ofen ein kanalartiger Anbau nachgewiesen, der als Schürkanal oder als Ofenschnauze bezeichnet wird. Bekanntestes Beispiel dafür ist ein eisenzeitlicher Verhüttungsofen, der bereits in den 30er Jahre des letzten Jahrhunderts bei Siegen-Achenbach im Tal der Engsbach entdeckt wurde.

 

Der Anbau eignet sich nicht, um während der Verhüttung Brennmaterial oder Erze zuzuführen und behindert nach der Verhüttung, den Schlackenklotz aus dem Ofen zu entfernen. Warum bauten ihn aber trotzdem die keltischen Hüttenleute ihren Verhüttungsöfen über Generationen an?

 

Bei Töpferöfen der Eisenzeit konnte durch archäologische Experimente belegt werden, dass sich ein solcher Kanal eignet, um während des Brennprozesses durch das Einschieben von Laub oder Sägespänen einen Schwelbrand zu realisieren. Dieser entzieht der Luft im Ofen Sauerstoff und erzeugt dadurch eine reduzierende Atmosphäre. Diese ist auch bei der Verhüttung von Eisenerzen notwendig. Daher vermuten wir, dass der Schürkanal während der Verhüttung dazu genutzt wird, um durch das Erzeugen eines Schwelbrandes die reduzierende Atmosphäre zu erhalten bzw. zu erzeugen.

 

Neben dem Schürkanal wurde ein weiteres Bauteil des eisenzeitlichen Verhüttungsofens realisiert, dessen Funktion noch nicht eindeutig geklärt ist. Es handelt sich um einen äußeren Mantel des Ofens aus kaolinhaltiger Tonerde. Kaolin ist das Material, welches in hoher Konzentration als Töpferton verwendet wird. Angesichts zahlreicher ausgegrabener Befunde mit Tonerdemantel gehen wir davon aus, dass dieser im niederschlagsreichen Siegerland angelegt wurde, um ein Überschwemmen oder Durchfeuchten des Ofens bei regenreichen Wetterlagen zu verhindern. Beim Ofen in Hagen wurde daher im unteren Drittel eine mehrere Zentimeter massive Tonerdeschicht aufgeschmiert.

Schließlich wurde der Ofen verziert. Die Erbauer einigten sich auf das Motiv eines Ebers, dass auf dier Ofenbrust mit Lehm und Tonerde aufgebracht wurde. Die Augen wurden mit dem Eisenerz Hämatit gefärbt. Vorlage ist die Bronzestatuette eines keltischen Ebers aus Erwitte, die gute Parallelen vor allem im Ostalpenraum findet. Der Fund zeigt deutlich den Kulturaustausch zwischen Westfalen und der keltischen Zivilisation auf. Schließlich stammte die Hüttentechnologie der Eisenzeit im Siegerland ja auch aus der keltischen Welt. Zudem hat diese Ofensau direkten Bezug zu Verhüttung. Denn der Begriff „Ofensau“ ist der Fachterminus für den Schlackenklotz, der sich am Ende der Verhüttung im Ofen finden wird.

 

Nächste Woche wird der jetzt in Folie verpackte Ofen mit einer Überdachung geschützt und die Folie entfernt.

 

Hoffen wir, das er den Sommer gut "überlebt" und dann im August reichlich Eisen liefern wird!

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