Hinter historischen Fassaden

19.05.2017 Carolin Steimer

Das Grabungsgelände im Herzen der Bielefelder Altstadt, umgeben von der heutigen, hoch aufragenden Bebauung.

Archäologie am Alten Markt in Bielefeld

Seit Anfang Mai forscht die LWL-Archäologie in der Bielefelder Altstadt an der Ecke Alter Markt/Piggenstraße im Vorfeld umfangreicher Neu- und Umbaumaßnahmen.

Die bisher ältesten Befunde deuten die vorstädtische Bebauung in diesem zentralen Siedlungsareal der heutigen Altstadt an. Es handelt sich um Pfostengruben und ein Wandgräbchen, die zu einem Pfostengebäude gehörten. Dieses war wohl ein Wohnhaus von einem der frühen Höfe, die etwa seit dem 8./9. Jahrhundert in diesem Areal sowie in den Bereichen Am Bach, Welle und Waldhof gestanden haben sollen.

Im anstehenden Sandboden zeichnen sich zahlreiche Befunde ab. In einer Linie reihen sich Pfostengruben und ein Wandgräbchen, die zu einem hochmittelalterlichen Pfostenhaus der vorstädtischen Bebauung gehören.

Des Weiteren traten zahlreiche Spuren des historischen Bielefelds zutage, die teilweise bis in die Zeit der Stadtgründung im Jahr 1214 zurückreichen. Das Team der Grabungsfirma Archäologie am Hellweg eG legte unter der Fachaufsicht der LWL-Archäologie bisher drei Brunnen, zahlreiche Gruben, einen aus Bruchsteinen gemauerten Schacht und einen kleinen Keller aus Bruchsteinen frei. Diese Befunde spiegeln die städtische Bebauung und Flächennutzung seit dem 13. Jahrhundert bis in die frühe Neuzeit auf den Parzellen hinter der Apotheke und dem Bankhaus Lampe am Alten Markt.

Entlang der Piggenstraße entdeckten die Wissenschaftler außerdem noch zwei Keller mit stark verrußten Innenwänden. Große Mengen an Schutt und zerstörten Gegenständen aus der Zeit des 2. Weltkriegs aus der Kellerverfüllung belegen, dass diese Häuser noch bis in jüngere Zeit genutzt worden waren. Die Brandspuren und der Kriegsschutt sind sicher Zeugnisse des verheerenden Luftangriffs, den Bielefeld am 30. September 1944 erlebte. Wann diese Gebäude errichtet wurden, müssen die weiteren Untersuchungen erst noch zeigen!

Bis jetzt wurde etwa die Hälfte des gesamten Bauareals geöffnet. Im Rahmen des Baufortschritts wird sich im Laufe der nächsten Wochen Stück für Stück klären lassen, welche Bauten und andere Strukturen es insgesamt auf der Fläche gab, wie alt sie jeweils sind, wie sie miteinander in Zusammenhang stehen und wofür man sie genutzt hat.

Festzuhalten bleibt auf jeden Fall, dass das Grabungsareal mitten im Herzen von Bielefeld zahlreiche neue und vertiefende Erkenntnisse zur vorstädtischen Besiedlung und zur städtischen Entwicklung ermöglichen wird – Es bleibt also spannend!

Text: Julia Hallenkamp-Lumpe