Attendorn: Reste des Ennester Tores freigelegt

21.06.2016 Carolin Steimer

Attendorn, 2.5.2016: Freilegung der Reste des mittelalterlichen Ennester Stadttores

Irritationen um archäologischen Baustelleneinsatz

Bereits 2015 sind Archäologen im Bereich des Ennester Tores tätig gewesen, als dort im Rahmen von Baumaßnahmen zu einem Parkhaus Teile der Stadtbefestigung tangiert wurden. Die archäologische Fachfirma ABS aus Köln untersuchte hier aufgrund einer Beauflagung durch die Außenstelle Olpe als Träger öffentlicher Belange im Auftrag der Stadt Attendorn Teile des Stadtgrabens („Feuerteich“). Dabei wurden in den Verfüllsedimenten des ehemaligen Stadtgrabens neuzeitliche Funde geborgen und entsprechende Schichten dokumentiert sowie die sog. Kontereskarpe (also die dem Stadtgraben vorgelagerte steinerne Vorbefestigungslinie) angetroffen. Später wurden in einem weiteren kleinen Aufschluss durch Kanalarbeiten weitere Mauerreste (vielleicht einer älteren Stadtmauerlinie) dokumentiert.

Es ist also im Wesentlich schon vor Baubeginn durch archäologische Grabungen der Hauptteil der archäologischen Verdachtsfläche untersucht worden, die z.B. zeigt, dass die eigentliche Stadtmauer deutlich südlich der durch die Arbeiten am Feuerteich freigelegten Areale zu suchen ist.

Zu Anfang Mai 2016 erreichte die AS dann die Nachricht, dass bei Kanalbauarbeiten im Zuge der Neugestaltung der Wegeführung (u.a. Kreiselbau) in der Ennester Straße Bruchsteinmauerreste auftauchten. Diese Mitteilung wurde von Tiefbauunternehmer verabredungsgemäß gemacht: wenn die Tiefbauarbeiten etwas zu Tage fördern, bitte die AS Olpe informieren – dies ein alltäglicher Vorgang, der in diesem Falle sehr gut funktionierte.

Dr. Eva Cichy und unsere studentische Volontärin Sandra Grunwald trafen dann im Kanalgraben diese Bruchmauer an und dokumentierten sie. Zudem wurde dann – und dies dann mehr als bauseitig notwendig – die östliche Mauer auf knapp 13 m Länge und vollständiger Tiefe (2 m) freigelegt, um die Situation besser einschätzen zu können. Westlich dieser Mauer kam ein weiterer Mauerzug zum Vorschein, der dann im Wesentlichen parallel zu ersten verlief und soweit als möglich verfolgt wurde. Als Baumaterial sind polygonale Grauwackeplatten (Größe ca. 0,15 - 0,35 m Kantenlänge) verwendet worden, die in einem sandigem, hellbeigem Mörtel steckten.

Die erste Mauer war im südlichen Bereich bereits durch frühere Bauarbeiten massiv gestört; später wurde vereinbart, hier auch den neuen Kanalkörper zu verlegen, um dadurch die ungestörten Mauerteile entsprechend so zu belassen. Es wurden also keine ungestörten Mauerteile neu aufgerissen sondern beschädigte zur notwendigen Verlegung der Kanäle genutzt.

Bis zu 2 m tief waren die beiden Mauerwangen erhalten

Festzuhalten bleibt, dass durch die Bauarbeiten Teile des Ennester Tores der mittelalterlich-neuzeitlichen Stadtbefestigung in nicht vollständiger Erstreckung entdeckt und soweit als notwendig bzw. möglich dokumentiert wurden. Durch die genaue Einmessung konnte die Lage der Doppeltoranlage mit seinen rund 1 m breiten Mauern nun auf dem heutigen Kataster fixiert werden. Der gut 4 m breite Zwischenbereich (also die Tordurchfahrt) ist von der Basis der Mauern in etwa 2 m Tiefe nach oben vollständig mit neuzeitlichem Material verfüllt worden.

Die weitgehend ungestörten Reste wurden wieder durch Verfüllung bedeckt und sind so für die Zukunft als Archiv gesichert. Denn: jede vollständige Ausgrabung bedeutet die Zerstörung des Bodenarchivs!

Soweit so gut und so normal für uns.

Doch dann regte sich überraschend Unmut. Offenbar gibt es in Teilen der Attendorner Bevölkerung die Vermutung, dass mit den Bodenresten der Stadtgeschichte von öffentlicher Seite nicht angemessen umgegangen wurde und Dinge „unter der Decke“ gehalten werden.

Dieser Vorwurf ist aus unserer Sicht im „Falle Feuerteich – Ennester Tor“ unverständlich, da alle Arbeiten mit uns frühzeitig besprochen und das Vorgehen abgestimmt wurden. Es sind wie beschrieben im Vorfeld Untersuchungen durchgeführt und auch abgesprochene Baustelleneinsätze unternommen worden. Im Falle des Ennester Tores haben wir sogar kurzfristig mit Hilfe der Redaktionen noch Presseartikel in zwei Zeitungen für den nächsten Tag unterbringen können.

Aus unserer Sicht ist hier alles sehr zufriedenstellend und so optimal wie möglich abgelaufen und nichts ist verschleiert worden, stattdessen die Bevölkerung auch direkt informiert worden. Zudem sind die weitgehend ungestörten Reste des Ennester Tores als Bodenrelikt im Untergrund gesichert und nun in ihrer Lage genau dokumentiert. Was will man mehr?