Ausbildungsstart im Römerlager

30.07.2019 Carolin Steimer

Die Ausgrabungen im Bereich des Römerlagers bei Bielefeld-Sennestadt erregten Anfang Mai dieses Jahres viel Aufsehen. Nachdem schon im Herbst 2018 ein Schnitt durch den Spitzgraben des Lagers und den dazugehörigen aufgeschütteten Wall vorgenommen wurde, sollten die Untersuchungen durch einen weiteren Schnitt ergänzt werden.

Es traf sich, dass meine Weiterbildung zur Grabungstechnikerin, die in der Außenstelle Bielefeld der LWL Archäologie für Westfalen zum ersten Mal angeboten wird, zum 1. Mai begann.
Für die Fortbildung ist ein Bachelorabschluss in Archäologie oder einem artverwandten Fach Voraussetzung, aber auch eine abgeschlossene handwerkliche Ausbildung wird als Grundlage anerkannt. Zudem ist Grabungserfahrung unerlässlich. Darauf aufbauend arbeitet man anschließend drei Jahre in der jeweiligen Weiterbildungsstätte und erlernt im Arbeitsalltag alle Fähigkeiten, die für ein grabungstechnisches Arbeiten von Bedeutung sind. Spezielle Bereiche wie Vermessungstechnik, Fotografie, Bodenkunde, Botanik und Osteologie werden dabei im Zuge von mehrtägigen Seminaren, die vom Verband der Landesarchäologen angeboten werden und in ganz Deutschland stattfinden, vertieft.  
Die Vorgehensweise bei der Ausgrabung von Befunden unterschiedlicher Epochen unterscheidet sich zum Teil erheblich. Ein mittelalterlicher Stadtkern kann nicht genauso ausgegraben werden wie eine jungsteinzeitliche Fundstelle und andersherum. Da ich mein Studium im Bereich Ur- und Frühgeschichte und Mittelalterarchäologie absolviert habe, war ich mit römischen Befunden bis dato nicht in Kontakt gekommen. Daher traf es sich gut, dass ich direkt in der ersten Woche an einer Grabung der provinzialrömischen Abteilung des Fachreferates Provinzialrömische Archäologie des LWL beteiligt wurde, um bei der Freilegung eines Lagergrabens zu helfen.

Putzen des Schnitts nach der Freilegung des Lagergrabens

Als ich hinzukam, war der Schnitt schon fast einen Meter tief ausgehoben und im Profil zeichneten sich bereits die Ausmaße des Grabens ab. Da dieser vollständig ausgehoben werden sollte, wurde hauptsächlich mit Schaufel und Schubkarre gearbeitet. War eine Stufe tiefergelegt, konnten Schnitt und Profil geputzt und anschließend fotografisch dokumentiert werden. Dieses Vorgehen wiederholte sich, bis die Grabensohle erreicht war. Auch in diesem Zustand wurde der Befund erneut fotografiert.

Westprofil des ausgehobenen Lagergrabens mit Maßstab und Nordpfeil

Zum Abschluss der Freilegung wurde das Profil schließlich auch zeichnerisch dokumentiert. Dafür werden die erkennbaren Schichtgrenzen angeritzt, zentimetergenau ausgemessen und zumeist im Maßstab 1:20 auf Millimeterpapier übertragen. Diese Rohzeichnung wird koloriert, wobei es zwei verschiedene Methoden gibt. Wenn die Vereinheitlichung im Vordergrund steht, wird Lehm beispielsweise immer gelb dargestellt, auch wenn die reale Bodenfarbe eher dunkel oder anderweitig verfärbt ist. Ansonsten versucht man mithilfe verschiedener Stifte die Originalfarbe so genau wie möglich zu imitieren, wobei die Schichtgrenzen auch farblich möglichst klar voneinander abzugrenzen sind. Das ist nicht immer einfach, sodass oft Kompromisse eingegangen werden müssen. Trotzdem bieten Zeichnungen gegenüber Fotografien den Vorteil, dass man währenddessen genauer hinsieht und die Struktur des Profils oft besser nachvollziehen kann. Auch die Beschriftung der Schichten trägt dazu bei.

Zeichnerische Dokumentation des Westprofils; Foto: S. Jonek

Während ich die Zeichnung anfertigte, fand im nahegelegenen Haus Neuland eine Pressekonferenz statt. Ich vervollständigte die Dokumentation schließlich unter Blitzlichtgewitter, nachdem die Journalisten zur Besichtigung der Fundstelle eingetroffen waren.

Abschluss der Grabungsdokumentation während der Pressekonferenz

Insgesamt war die Grabung aufgrund des großen öffentlichen Interesses und der anschließenden Pressekonferenz sehr abwechslungsreich. Dass sich viele so für archäologische Arbeiten begeistern, ist sehr erfreulich, denn es ist natürlich Ziel der Archäologie, die kulturellen Hinterlassenschaften der Vergangenheit einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren.

Text: Sophia Lippe