Alte Funde – Neue Ergebnisse:

10.09.2019 Carolin Steimer

2013 wurden unter großem Zeitdruck rund 6000 qm Fläche untersucht; Foto: LWL/A. Madziala

Der „Reiter von Gohfeld“ und die unerwartet lange Geschichte seines Gräberfeldes

Als die Archäologen der Außenstelle Bielefeld der LWL-Archäologie für Westfalen 2012 und 2013 im Vorfeld der Errichtung des Hermes-Logistikzentrums in Löhne-Gohfeld Ausgrabungen unternahmen, stießen sie dort auf Überreste von Brandgräbern, die aufgrund der Beigaben in die Zeit um 400 n. Chr. datiert wurden.

Dies fügte sich gut in ältere Fundnachrichten aus dem frühen 20. Jh., als erste Scherben und Brandreste aus der Römischen Kaiserzeit auf dem Scheidkamp gefunden wurden.

Trotz der Schäden durch das Scheiterhaufenfeuer lässt sich das Männergrab F3 noch als reich ausgestatte Grablege erkennen; Foto: LWL/C. Hildebrand

Erfasst wurden noch 42 Befunde, die zu einem ehemals deutlich größeren Gräberfeld gehört haben müssen, denn die Grenzen des Friedhofes wurden in den Grabungen nicht erfasst.
Zwei Gräber stachen besonders hervor. Diese Gräber, die zudem die einzigen waren, in denen man die Toten in einer Urne bestattet hatte, enthielten zahlreiche, wenn auch vom Scheiterhaufenfeuer stark beschädigte und verformte Beigaben. Hierunter ist besonders das Grab des inzwischen so getauften „Gohfelder Reiters“ hervorzuheben, ein Männergrab, in dem u. a. ein Paar Sporen lag.

Die prächtigen Sporen wurden aus Eisen gefertigt und mit einem silbrig glänzenden Zinnüberzug verziert; Foto: LWL/C. Hildebrand

Diese Sporen und die Ausstattung des Grabes kennzeichnen den um die Mitte des 5. Jh. n. Chr. verstorbenen Mann als Angehörigen einer lokalen Elite der Völkerwanderungszeit.

Auch das Urnengrab F 8 war noch mit reicheren Beigaben ausgestattet. Es datiert um 500 n. Chr. und damit in die Merowingerzeit. Alle anderen Gräber und die wenigen Gruben enthielten in wechselnden Anteilen Keramikscherben, Holzkohle und Leichenbrand, aber fast gar keine Beigaben.

Die Beigaben aus diesem Grab waren vom Feuer angegriffener als die aus dem Männergrab, zeigen aber immer noch eine gehobene Ausstattung an; Foto: LWL/C. Hildebrand

In der Auswertung des Gräberfeldes sollte die durch die Funde getroffene Datierung naturwissenschaftlich untermauert werden, sodass zunächst fünf Gräber und nach den dann völlig überraschenden Ergebnissen weitere zwölf Gräber mit der Radiocarbon-Methode datiert wurden. Das Ergebnis: Die Daten reichten viel weiter, als sie allein über die Funde zu erschließen waren, nämlich in den maximalen Datierungsspielräumen vom 8. Jh. v. Chr. bis zum 7. Jh. n. Chr.

Unscheinbar, aber sehr aussagekräftig: Dieses Grab ist das älteste des erfassten Gräberfeldbereiches und datiert in den Zeitraum zwischen dem 8.-6. Jh. v. Chr., also in die ältere Eisenzeit; Foto: LWL/A. Madziala

Das bedeutet, dass hier eine über maximal 1.500 Jahre aufgesuchte Nekropole lag, die über viele Jahrhunderte von den ortsansässigen Menschen genutzt wurde. Wie groß das Gräberfeld ursprünglich war, kann nicht mehr erschlossen werden, da die Fläche inzwischen überbaut wurde. Auch ob der Friedhof kontinuierlich belegt wurde oder ob es Belegungslücken gab und wenn ja, wie lange diese währten, ist nicht mehr zu klären. In jedem Fall war dies aber ein lokal sehr wichtiger Platz, der auch respektiert worden und dauerhaft sichtbar gewesen sein muss, wenn es eine Zeitlang keine Bestattungen gegeben haben sollte.

Die ersten Auswertungsergebnisse und die Funde aus den jüngeren Gräbern präsentiert nun erstmals die Sonderausstellung „Der Gohfelder Reiter“ im Heimatmuseum der Stadt Löhne vom 13. September-15. Dezember 2019.

Am 14. November 2019 um 18 Uhr halten zudem Dr. Sven Spiong, Leiter der Außenstelle Bielefeld, und Dr. Julia Hallenkamp-Lumpe einen gemeinsamen Vortrag in der VHS Löhne. Hier können alle Interessierten, mehr über die Archäologie in Löhne und Umgebung sowie über das Gräberfeld auf dem Scheidkamp erfahren. 

Text: Julia Hallenkamp-Lumpe