Überraschung in der Kiesgrube

06.07.2015 Carolin Steimer

Brandgräber nahe des Römerlagers Anreppen entdeckt

Dass die Abbauflächen in Kiesgruben immer wieder wichtige und spannende Funde und Befunde zutage fördern, bewies erst vor ein paar Tagen wieder eine Fundstelle in einer Kiesgrube bei Delbrück-Bentfeld, auf die Horst Brand aus Paderborn aufmerksam geworden war und über die er sofort die LWL-Archäologie für Westfalen informierte.

Die Überreste der Brandgräber waren nur sehr spärlich erhalten. Hier sieht man noch eine leicht verziegelte Lehmfläche. Sie entstand, als man die heiße Asche des Scheiterhaufens in die Grube füllte

Er war auf die Überreste eines Brandgrabes gestoßen, dass noch in geringen Resten vorhanden war. Erkennen konnte man die Grabstelle an einer Holzkohlekonzentration, kleinsten Resten verbrannter Knochen, geröteten Lehmboden und Keramikscherben; diese waren nach der Verbrennung auf dem Scheiterhaufen ohne Urne einfach in eine Grube – vielleicht in einem organischen Behältnis – eingefüllt worden.

Die weißen Fähnchen markieren die Stellen, an denen Keramik, Knochen oder Holzkohle in dem hart ausgetrockneten Lehmboden zu erkennen waren

Als ich unmittelbar nach Herrn Brands Information an der Fundstelle eintraf, zeigte sich, dass der Lehmboden, der das Grab enthielt, durch die lange anhaltende Trockenheit steinhart getrocknet und von tief reichenden Rissen durchzogen war. Eine erste Begehung ergab aber innerhalb des Lehmbodens etliche Hinweise auf weitere Holzkohleflecken und Keramik. Die geborgenen Reste von groben Tongefäßen einheimischer Machart datierten die Fundstelle etwa in die Zeit um Christi Geburt.
Die Einordnung in die späte vorrömische Eisenzeit oder in die frühe Römische Kaiserzeit macht besonders aufmerksam, weil sich unweit der Fundstelle das 5 n. Chr. erbaute Römerlager Anreppen befindet, in dessen Nähe auch bereits eine germanische Siedlung aus derselben Zeit nachgewiesen werden konnte; zudem wurden nahebei vor einigen Jahren Überreste einer Römerstraße entdeckt.

Diese zum Teil mit Finger- und Fingernageleindrücken verzierten Randscherben datieren die Fundstelle in die Zeit um Christi Geburt

Weil die Geländeoberfläche so schlecht erhalten war, konnte keine genaue Anzahl von Grabstellen mehr ermittelt werden, es dürften aber mindestens drei bis vier gewesen sein. Wie groß die Begräbnisstätte gewesen ist, ist noch unbekannt. An den Zufallsfund werden sich nun weitere Ausgrabungen und Beobachtungen beim fortgesetzten Abbaggern der Fläche anschließen.
Ob in den Brandgräbern möglicherweise Einheimische bestattet waren, die im Umfeld des Römerlagers Anreppen lebten, oder ob die Gräber einige Jahrzehnte vor oder nach dem Bestehen des Lagers angelegt wurden, kann noch nicht entschieden werden. Hierzu müssen erst die weiteren Ausgrabungen, die Auswertung des Fundmaterials sowie naturwissenschaftliche Analysen an den Knochen- und Holzkohleresten abgewartet werden.
Hoffen wir, dass die Kiesgrube weitere Erkenntnisse und datierende Funde preisgibt, die ein genaueres Bild von der Ausdehnung des ehemaligen Friedhofs und dem Leben seiner Nutzer zeichnen können – also: Fortsetzung folgt!

Text: Julia Hallenkamp-Lumpe

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