Der Neufund von zwei bronzezeitlichen Randleistenbeilen in Isselburg und Bocholt

04.03.2019 Carolin Steimer

Das in Isselburg gefundene Randleistenbeil (Foto: LWL/S. Brentführer).

Der Fund eines Bronzebeils bleibt für die meisten Sondengänger ein unerfüllter Wunsch. Wenn er denn eintritt, ist er ein ganz besonderes Highlight und ein seltener Lohn für unzählige Begehungsstunden auf Äckern und Baustellen. Die Wahrscheinlichkeit, dass derselbe Sucher im gleichen Jahr noch ein zweites Beil findet tendiert gegen „Null“ und kommt einem Hauptgewinn im Lotto nahe. Genau dieser schier unglaubliche Zufall ereignete sich 2018 im Westen des Münsterlandes.

Es begann mit der Begehung eines Neubaugebietes in Isselburg. Hier waren im Mai 2018 gerade die Trassen der zukünftigen Straßen abgeschoben worden, als Frank Rüdiger Rösner aus Dinxperlo (Niederlande) fündig wurde. Herr Rösner ist lizensierter Sondengänger und hat die LWL-Archäologie für Westfalen in der Vergangenheit schon mehrfach tatkräftig unterstützt. Das Signal der Sonde ertönte auf unauffällig gefärbtem, scheinbar ungestörten Sandboden und führte sehr überraschend zu dem knapp 40 cm tiefer verborgenen Bronzebeil. Dank der umgehend erfolgten Fundmeldung an die LWL- Archäologie für Westfalen in Münster konnte schon wenige Tage später eine archäologische Nachuntersuchung stattfinden. So bestand der Verdacht, dass hier ein Körpergrab der mittleren Bronzezeit angeschnitten worden war. Mit der Erhaltung von Knochen war in dem Sandboden zwar nicht mehr zu rechnen, wohl aber mit den Spuren des Grabschachtes und ggf. einer ehemaligen Kreisgrabeneinhegung. Leider erbrachte die Untersuchung keine eindeutigen Ergebnisse, sie lieferte aber auch gleich eine mögliche Erklärung dafür: einen durch Tiere durchwühlten und Staunässe stark überprägten Bodenhorizont, in dem ehemalige Bodeneingriffe ohnehin nicht mehr erkennbar gewesen wären. So hat die Annahme eines Grabfundes nach wie vor Bestand und wird – im Hinblick auf mögliche weitere Bestattungen – eine regelmäßige Kontrolle der noch ausstehenden Erdarbeiten nach sich ziehen.

Das Randleistenbeil aus Bocholt-Mussum (Foto: LWL/E. Müsch).

Der zweite Beilfund stammt aus dem geplanten Erweiterungsbereich des Industrieparks in Bocholt-Mussum. Hier führte die LWL-Archäologie im Oktober und November 2018 eine größere Suchschnittprospektion durch, die von Frank Rüdiger Rösner ehrenamtlich begleitet wurde. Neben der systematischen Absuche der Ackerflächen übernahm er streckenweise auch die Sondenbegehung der Grabungsschnitte in unterschiedlichen Bearbeitungsstadien. Auch dieses Beil fand sich völlig unerwartet – im wiederverfüllten Bodenmaterial eines Baggerschnittes, der zuvor nicht den geringsten Hinweis auf einen archäologischen Befund geliefert hatte. Es ließ sich rekonstruieren, dass das Beil wohl knapp unter der Pflugsohle im sogenannten Anreicherungshorizont unter dem Mutterboden gelegen hatte, als es vom Bagger erfasst und umgelagert wurde. Auch hier ist die Annahme einer ehemaligen Grabbeigabe naheliegend, wobei die gegenüber dem Beil aus Isselburg wesentlich geringere Tiefenlage dieses Fundes auf eine stärkere Erosion der Geländeoberfläche zurückzuführen sein dürfte.

Der lizensierte Sondengänger Frank Rüdiger Rösner mit einem der von ihm gefundenen Beile (Foto: F. R. Rösner)

Bei beiden Fundstücken handelt es sich nach der Definition von Kurt Kibbert (1980) um „Parallelseitige Randleistenbeile vom Typ Oldendorf“. Sie sind der frühen Mittelbronzezeit (um 1500 v. Chr.) zuzuordnen. Das Exemplar aus Isselburg hat eine Länge von knapp 12 cm und wiegt 229 Gramm, das Bocholter Beil ist mit ca. 10,5 cm Länge und 192 Gramm Gewicht etwas kleiner. Beide Stücke weisen starke Korrosionserscheinungen auf und sind extrem empfindlich gegen mechanische Belastung. Wären die Beile in den Pflughorizont gelangt, hätten sie hier wohl nicht lange unbeschadet überdauert.

Ergänzend ist noch zu erwähnen, dass es vor den Beilfunden von Isselburg und Bocholt an diesen Fundstellen keine Belege für eine Besiedlung in der Mittelbronzezeit gab. Die Funde sind also ein schönes Beispiel dafür, wie sehr die archäologische Forschung auch im Zeitalter moderner Prospektionsmethoden noch durch den Faktor „Zufall“ bestimmt wird bzw. wie wichtig und ausschlaggebend Beobachtungen und Mithilfe engagierter Bürgerinnen und Bürger vor Ort sein können.

Jürgen Gaffrey