Die Holsterburg erwacht zum 3-D-Leben

13.07.2016 Carolin Steimer

Die Holsterburg aus der Luft. Foto: LWL/Klostermann

Vom Ausgrabungsbefund zur digitalen Rekonstruktion

Die Holsterburg bei Warburg gehört zu den wenigen oktogonalen Burganlagen des hochmittelalterlichen Europas. Als bisher nördlichster Vertreter dieser Burgform im deutschsprachigen Raum und zugleich singuläres Beispiel in Westfalen kann sie zu Recht als Architektur von europäischem Rang bezeichnet werden. Deshalb soll sie auch dreidimensional wieder sichtbar gemacht werden. Die Arbeiten dafür beginnen in dieser Grabungssaison.

Das oktogonale Außenmauerwerk mit seiner beeindruckenden Schaufassade ist handwerklich herausragend ausgeführt. Inklusive des integrierten Warmluftkanals kann die Burg in ihrer Gesamtheit als herausragendes Statussymbol bezeichnet werden. Weil diese Form der stauferzeitlichen Wehrarchitektur selten und besonders qualitätvoll ist, beginnt die LWL-Archäologie für Westfalen in dieser Grabungssaison mit ersten Arbeitsschritten, die eine repräsentable virtuelle 3-D-Rekonstruktion der Anlage zu Präsentationszwecken zum Ziel haben. Die Holsterburg soll sozusagen „zum Anfassen“ erlebbar werden. Dafür waren bereits aufwändige Vorbereitungen notwendig. Ein Graben musste angelegt werden, der die Burg annähernd in Gänze umfasst. An zwei ausgesuchten Stellen wurde er besonders tief ausgehoben, um einen ausreichend freien Blick auf weite Teile der achteckigen Schaufassade der Burg zu erhalten. Dabei wird klar: Die Fassade ist mit ihren waagerecht laufenden Lagen des Großsteinquadermauerwerks der Außenschale, mit einer exzellenten Steinbearbeitung und feinem Fugenputz mit Kellenfugenstrich  sowie akkurater Bauweise für die Wehrarchitektur kurz vor 1200 einzigartig.

Ein tiefer Graben um das Mauerwerk ermöglicht die genaue Untersuchung. Foto: LWL/Klostermann

In der zweiten Julihälfte werden mit einem Laserscanner, der mit neuester Vermessungstechnologie ausgestattet ist, Aufnahmen gemacht, die das Mauerwerk digital in einer dreidimensionalen Variante abbilden. Auf dieser Grundlage und mit dem geballten Fachwissen der Burgenforscher lässt sich dann das frühere Aussehen der Burg auf wissenschaftlich fundierter Basis rekonstruieren.  „Die Seltenheit oktogonaler Burgen und die Qualität der erhaltenen Überreste erfordert diese einmalige Vorgehensweise“, betont der Leiter des Referates für Mittelalter- und Neuzeitarchäologie, Dr. Hans-Werner Peine.

Auch im Inneren der Burg werden die Archäologen weiter forschen. So soll insbesondere ein Gebäude näher untersucht werden, das zur südwestlichen Randbebauung gehört. Hier war auch die Feuerungsanlage für die ungewöhnliche Warmluftheizung untergebracht, mit der die Burganlage beheizt wurde. Daneben steht natürlich die Binnenstratigraphie im Mittelpunkt. „Wir hoffen, am Ende dieser Kampagne zumindest einen vorläufigen Phasenplan der Anlage vorlegen zu können“, ergänzt Grabungsleiter Kim Wegener. „Dieser ist dann natürlich auch für die 3-D-Rekonstruktion der Holsternburg maßgeblich.“ Das Ergebnis soll in der nächsten Landesausstellung in NRW 2020 präsentiert werden – ein Höhepunkt der Burgenforschung, der nur im Zusammenspiel von Archäologie und moderner Technik möglich wird.

Beeindruckender Anblick aus noch größerer Höhe. Foto: LWL/Klostermann

Seit 2010 führt das Fachreferat für Mittelalter- und Neuzeitarchäologie der LWL-Archäologie für Westfalen regelmäßig Ausgrabungen auf der Holsterburg durch. Archäologisch ist der Beginn der Anlage in das 3. Viertel des 12. Jahrhunderts zu datieren. Zerstört wurde die Anlage 1294 als Abschluss eines längeren Konfliktes zwischen der Stadt Warburg und den hier ansässigen Edelherren von Holthusen und der Standort später nicht mehr bebaut.

Text: Cornelia Kneppe/Kim Wegener