Das Fundstück ist aus einem dunklen Kieselschiefergeröll gefertigt; die Basis besteht noch fast vollständig aus der natürlichen Rinde des Gerölls, während Teile der Flächen mehr oder minder stark bearbeitet wurden. Diese Oberflächen sind seifig, d.h. relativ stark verwittert. Bei dem Alter kein Wunder. Was fehlt ist jedoch die Spitzenpartie. Sogenannte „Pflugrostspuren“ zeigen, dass – wie auch schon beim Faustkeil – moderne Ackergeräte hier ihr zerstörerisches Werk getan hatten. Die deutlich stumpfere Farbgebung der modernen Bruchflächen lässt sich gut von den alten Flächen abgrenzen. Die beiden (weitgehend fehlenden) Seitenkanten konvergierten einst in unterschiedlichem Verlauf zu einer Spitze, wobei nur die relativ gerade Kante wirklich scharf, also schneidend war.
Alle Merkmale eines „Keilmessers“ sind vorhanden (vgl. M. Baales et al. 2013), die für die Spätzeit der Neandertaler in Mitteleuropa typisch waren; es ist damit in etwa so alt wie der erwähnte kleine Faustkeil.
Keilmesser dieser Art sind im südlich gelegenen Sauerland aus den dortigen Höhlen – besonders der Balver Höhle – vielfach bekannt. Auch hier bestehen sie vornehmlich aus Kieselschiefergeröllen. Es ist nicht auszuschließen, dass wir mit dem Fund nun den „umgekehrten“ Wanderweg einer Neandertalergruppe fassen können, denn aus der Balver Höhle stammen auch einige Fundstücke aus Feuerstein, der in der Region nicht vorkommt, wohl aber am Haarstrang und weiter nach Norden zu finden ist; hier hatten sich demnach die Neandertaler, bevor sie zur Balver Höhle in das Sauerland zogen, zunächst aufgehalten und auf ihrem Weg nach Süden auch Werkzeuge aus Feuerstein mitgeführt. Vielleicht hatten die Neandertaler aber auch nur von den wenig südlich der Fundstelle gelegenen Ruhrterrassen ein gut zu bearbeitendes Kieselschiefergeröll aufgesammelt, um daraus dann ihr typisches Schlachtmesser zu fertigen.
In jedem Fall „schon wieder“: Glückwunsch, Michael!
Michael Baales
Literatur:
Michael Baales, Hans-Otto Pollmann & Bernhard Stapel (2013): Westfalen in der Alt- und Mittelsteinzeit. Darmstadt.