Von Eis und Feuer: Neue Ausgrabungen an der „Alten Eisenbahn“ bei Willebadessen

13.04.2018 Carolin Steimer

Studierende der Universität Kiel berichten über ihre zweite Lehrgrabung im Eggegebirge

Im März 2018 gingen die Ausgrabungen an der „Alten Eisenbahn“ im Eggegebirge die nächste Runde. Bei diesem einzigartigen Bodendenkmal handelt es sich um eine verlassene Tunnelbaustelle des 19. Jahrhunderts nahe Willebadessen, Kr. Höxter. Das Projekt ist eine Kooperation der LWL-Archäologie für Westfalen und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU). Für manche von uns Studierenden der Ur- und Frühgeschichte an der CAU war dies bereits die zweite Kampagne (über die erste haben wir hier berichtet). Bei dieser zweiwöchigen Grabung leiteten Fritz Jürgens von der CAU und Nils Wolpert vom LWL ein achtköpfiges Team von angehenden Archäologinnen und Archäologen. Unterstützt wurden wir ebenfalls von Lion Döring, der ein Freiwilliges Soziales Jahr in der Denkmalpflege leistet. Für die Hälfte von uns war es die erste Grabung, was angesichts von Schneefall und Bodenfrost kein leichtes Unterfangen war. Aber selbst dieses Winterwetter hielt uns nicht von unseren Plänen ab, das Gebiet der „Alten Eisenbahn“ genauer zu erforschen.

Im Vordergrund ist die gemauerte Esse zu sehen, in der einst das Feuer des Schmieds brannte (Foto: LWL/Wolpert).

Dieses Jahr stand die Schmiede im Vordergrund der Untersuchungen. Durch einen alten Lageplan erhielten wir einen Anhaltspunkt zur Lokalisierung des Gebäudes. Doch bevor wir den ersten Spatenstich setzen konnten, mussten wir den dichten Bewuchs mit Säge und Beil beseitigen. Diese Bemühungen wurden jedoch schnell belohnt, denn der erste Suchschnitt zeigte rasch, was der Waldbogen verbarg. Wir fanden Mauerreste, darunter auch eine Gebäudeecke. Wir legten auch die Esse frei, in der früher das Eisen zum Glühen gebracht wurde. In freudiger Erwartung wurde nun jeder Stein sorgfältig freigelegt, in der Hoffnung, weitere Mauerteile zu finden.

In drei Suchschnitten entdeckten wir die Grundmauern der Schmiede (Foto:LWL/Wolpert).

Mit jedem Fund schienen unsere kalten Hände wärmer zu werden und der anfängliche Ärger über den gefrorenen Boden oder den Schnee waren sofort wieder vergessen. Wie man es bei einer Schmiede erwartet, füllten sich die Fundeimer schnell mit Metallfunden, wie zum Beispiel Schlacke und Nägeln, aber auch Flachglas und Keramik waren zu finden. Wir entdeckten sogar eine Münze, die aus Buntmetall geprägt war. Wir legten zwei weitere Suchschnitte an, in der Hoffnung, die Dimensionen der Schmiede dokumentieren zu können. Dabei legten wir an der Seite der Esse eine Ofenöffnung frei, die zum Auskehren der Asche diente. Wir stießen auch auf zwei weitere Mauerecken. Insgesamt zeichnete sich ein quadratischer Gebäudegrundriss von etwa 5 x 5 m ab. Gegenüber der Esse war noch die Türschwelle des einstigen Zugangs zur Schmiede zu erkennen.

Mit Kellen wird die Fußbodenpflasterung der Schenke freigeputzt (Foto: LWL/Wolpert).

Darüber hinaus führte uns die Neugierde auch ein zweites Mal zu der Wächterbude und zur Schenke, die 2017 bzw. 2016 untersucht worden waren. Manchmal spielt in der Archäologie Glück eine große Rolle und in unseren Fall hatten wir sogar großes Glück: Der Sturm „Frederike“ hatte am 18.01.2018 einen Baum auf der Schenke entwurzelt, unter dem sich eine Ecke des Fundaments versteckte. Hier ergab sich also die Möglichkeit, diese Hausecke weiter freizulegen und somit die Dimension des Gebäudes zu rekonstruieren. Der gemauerte Hausbefund zeigte Maße von ungefähr 5 x 6 m. Das auffällig kleine Gebäude konnte nicht zur Versorgung der 600 Arbeiter gedient haben. Die Gäste werden wohl vor allem die Baustellenleiter gewesen sein, aber auch Touristen, die die damalige Großbaustelle mit Sicherheit anlockte.

Archäologenglück: Ein umgestürzter Baum legte diese Hausecke frei (Foto:LWL/Wolpert).

Bei der Ausgrabung der Wächterbude hatten wir im vergangenen Frühjahr nicht nur die Grundmauern des Hauses gefunden, sondern auch eine Konzentration von Ziegelschutt entdeckt. Dabei handelte es sich möglicherweise um die Reste einer Kaminstelle. Um dieser Spur weiter nachzugehen, legten wir einen weiteren Grabungsschnitt in diesem Areal an. Dabei kamen neben weiteren Mauerresten viele Funde wie zum Beispiel Glas und Keramik ans Licht. Besonders waren Fragmente eines lila gefärbten Glasobjektes, vielleicht einer Vase, und ein Stück eines Unterkiefers eines jungen Rindes. Je tiefer wir gruben, desto mehr verdichteten sich die Hinweise, dass es hier tatsächlich eine Feuerstelle gegeben hatte.

Mühsame Arbeit: Um im Waldboden an archäologische Befunde zu gelangen, müssen zuerst unzählige Wurzeln entfernt werden (Foto: CAU Kiel/Jürgens).

Das öffentliche Interesse an der Erforschung der „Alten Eisenbahn“ war auch in diesem Jahr wieder groß. Sowohl lokale Zeitungen als auch der Westdeutsche Rundfunk berichteten über den aktuellen Forschungsstand. In einem Vortrag im Schloss Willebadessen informierten die Grabungsleiter die interessierten Einwohner der Region über die neuesten Ergebnisse.

Die Wochenenden nutzen wir, um die Region besser kennenzulernen. Unter andern haben wir uns die Überreste der Dorfwüstungen Schmeeßen, Winnefeld und Nienover angesehen. Des Weiteren erhielten wir eine Führung durch Warburg mit seinen unzähligen Fachwerkhäusern, wo wir auch das Stadtmuseum im „Haus Stern“ besuchten.

Vor laufender Kamera: Schneefall und Bodenfrost machten uns das Leben schwer (Foto: S. Wieschus).

Insgesamt waren es zwei sehr erfolgreiche Wochen, in denen wir gleich drei verschiedene Gebäude untersucht haben. Dank guter Teamarbeit kamen wir und trotz Schnee und Kälte sehr gut voran. Wir konnten grundlegende Grabungserfahrungen sammeln und die praktische Arbeit der Archäologie genau kennenlernen. Dies beinhaltet insbesondere die Tatsache, dass man von einzelnen Funden auf Individuen und Aspekte deren Lebens schließen kann, was bei einer ehemaligen Eisenbahnbaustelle besonders spannend ist. Außerdem wurden uns verschiedene Arten der Dokumentation der Befunde vermittelt und dass es wichtig ist, sich vom Wetter nicht unterkriegen zu lassen. Besonders schön war, dass sich Fritz und Nils immer die Zeit genommen haben, uns alles geduldig und anschaulich zu erklären. Wir gehen mit vielen neuen Eindrücken und Wissen über die archäologische Arbeit und hoffen, dass wir die einen oder anderen Tricks auf anderen Grabungen anwenden können.

Vielen Dank für die Chance, an so einem spannenden Ort erste Erfahrungen machen zu dürfen.

Mission erfüllt: Das hervorragend erhaltene Mauerwerk lässt die harte Arbeit fast vergessen (Foto: LWL/Wolpert).