Überraschung in der Rückegasse

25.04.2017 Carolin Steimer

Drei Ansichten des keltischen Riemenhalters im noch unrestaurierten Zustand. Deutlich erkennbar ist die plastische Verzierung der Schauseite (Foto: LWL-Archäologie für Westfalen/Thomas Poggel)

Ein keltischer Neufund aus Burbach (Kr. Siegen-Wittgenstein)

Zufällig entdeckte Oliver Fechner aus Siegen im Februar 2017 in einer Rückegasse bei Burbach-Würgendorf ein Bronzeobjekt. Er hielt es für unscheinbar, meldete es aber trotzdem der LWL-Archäologie für Westfalen, Außenstelle Olpe. Dort war das Erstaunen groß, ist das Artefakt doch das Schmuckteil eines keltischen Gürtels aus dem 3. bis 2. Jahrhundert v. Chr. Es besteht aus einer Bronzehülse mit zwei rückseitig angesetzten Blechen. Zwischen Hülse und Blech wurde ehemals ein Gürtel durchgeschoben. Derartige Gürtelverzierungen sind Bestandteile mehrteiliger Gürtel. Sie bestanden aus dem Riemen aus organischem Material sowie aus einem Gürtelhaken sowie dem Riemenhalter. Gürtelhaken sowie Riemenhalter wurden plastisch verziert. Das Würgendorfer Objekt zeigt Wulste, die durch Rippen gegliedert und mit warzenartigen Aufsätzen verziert sind. Diese Verzierung wird in der Archäologie als „Plastischer Stil“ bezeichnet und ist ein Stilelement der keltischen Kunst allgemein. Derartige mehrteilige Gürtel sind hingegen nur für den Raum des Siegerlandes bis zum Unterlahngebiet in Hessen typisch und wurden dort hergestellt.

Der stolze Finder Oliver Fechner präsentiert den Riemenhalter (Foto: LWL-Archäologie für Westfalen/Manuel Zeiler)

Dr. Manuel Zeiler, dem Oliver Fechner seinen Fund meldete, staunte nicht schlecht: Das Würgendorfer Stück ist nahezu identisch zu einem Riemenhalter, der als Grabbeigabe der eisenzeitlichen Nekropole in Netphen-Deuz in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts ausgegraben worden war. Sowohl die Verzierung als auch die Blechverbindung auf der Rückseite sind so ähnlich, dass es sicher ist, dass beide Stücke vom gleichen Handwerker gefertigt wurden. Somit war aber auch zu vermuten, dass der Fundort des Würgendorfer Riemenhalters ein gestörtes Grab ist und Oliver Fechner vielleicht sogar einen eisenzeitlichen Bestattungsfundplatz entdeckt hatte.

Daher veranlasste die Außenstelle Olpe unverzüglich eine Ausgrabung an der Fundstelle in Absprache und mit freundlicher Unterstützung des Regionalforstamtes Siegen-Wittgenstein sowie der Waldgenossenschaft Würgendorf. Leider zeigte sich jedoch am Fundort kein Befund. Auch Untersuchungen in der Rückegasse sowie im Umfeld erbrachten keine Ergebnisse und schließlich unterstützte Oliver Fechner die LWL-Archäologie für Westfalen durch eine ehrenamtliche Detektorprospektion des erweiterten Umfeldes. Diese blieb ebenfalls ohne Ergebnis. Daher gehen wir davon aus, dass der Riemenhalter entweder ein einzelner Verlustfund ist, oder aber, dass sein ursprünglicher Befundkontext schon lange zerstört ist bzw. der Riemenhalter über eine weite Strecke verlagert wurde.

Trotz des negativen Ausgrabungsergebnisses ist der Riemenhalter von Würgendorf von hoher wissenschaftlicher Bedeutung: Seine Ähnlichkeit zum Netphener Stück lässt spekulieren, dass im Siegerland die Werkstatt arbeitete, die derartige Gürtelverzierungen herstellte. Bislang wurde immer angenommen, dass die Montanlandschaft Siegerland allenfalls Eisenobjekte fertigte und vertrieb. Um diese Hypothese zu überprüfen wird der Riemenhalter nach seiner Restaurierung archäometallurgisch und fertigungstechnisch mit dem Pendant aus Netphen verglichen werden.

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